Von Thomas Grüner
Grundsätzlich sind Aktieninvestitionen bei deutschen Anlegern nicht sonderlich beliebt. Die transparente Preisbildung zeigt die Veränderung der kurzfristigen Nachfrage an, täglich und unbarmherzig. Jeder einzelne Handelstag spiegelt das Ergebnis aus unzähligen Anlegerentscheidungen wider. Ein Sammelsurium aus strategischen Entscheidungen, emotionalen Handlungen und technischen Vorgängen, die vor dem Hintergrund einer stetig lärmenden Medienlandschaft getroffen werden. Nicht gerade die idealen Rahmenbedingungen für eine Investition, mit der man sich wirklich wohlfühlt und im Idealfall sehr lange Zeit treu sein kann.
Im Jahr 2019 ist die Abneigung gegenüber den Aktienmärkten nicht mehr so hoch wie zu Beginn des Bullenmarkts, auch wenn angsterfüllte Schlagzeilen immer noch deutliche Spuren bei der Anlegerpsyche hinterlassen. Langsam, aber stetig hat sich die Stimmungskurve nach oben gearbeitet. Nach welchen Kriterien entscheiden Anleger in diesem gemischten Stimmungsumfeld über ihre Investitionen?
Wohlfühlen im Konsens – ein gefährliches Spiel
Ist das Sentiment nicht gerade euphorisch, kostet es viele Anleger eine gewisse Überwindung, Geld in den Aktienmarkt zu investieren. Diese Hürde wird dadurch genommen, dass man zumindest in etwas investiert, was breite „Anerkennung“ findet. Man orientiert sich am Marktkonsens, befolgt Konventionen oder Trends. In der Realität heißt das: Anleger kaufen genau das, was in der jüngsten Vergangenheit gut gelaufen ist. Damit sind sie nie allein und schwimmen mit dem Strom der hohen Mittelzuflüsse, die im Anschluss an eine überdurchschnittliche Performance üblicherweise zu beobachten sind. Das beste Land, der beste Sektor oder die beste Fondsperformance in den vergangenen zwölf Monaten – Orientierungshilfen für Anleger, die auf den Wohlfühlfaktor in einem „riskanten“ Umfeld abzielen.
Leider führt diese Taktik in der Regel nicht zu erfolgreichen Investitionen. Die Führungsrolle zwischen Ländern oder Regionen wechselt, der beste Sektor rotiert unweigerlich irgendwann auch wieder ins hintere Performance-Feld, Einzelaktien oder Fonds mit der höchsten Performance sind nicht automatisch die Gewinner der Zukunft. So leicht macht es der Markt den Anlegern nicht. Sollte man also den Konsens meiden und immer genau das Gegenteil machen, wovon die Mehrheit der Anleger überzeugt ist? Gewiss ist diese Taktik auch nicht gerade erfolgsversprechend. Wenn die Mehrheit der Anleger positiv eingestellt ist, führt eine negative Haltung nicht unbedingt zum Erfolg. Vielleicht ist es ja empfehlenswert, noch positiver zu sein? Hilfreich ist auf jeden Fall, den Marktkonsens kritisch zu hinterfragen, denn er liegt in den seltensten Fällen richtig.
Fazit: Im Jahr 2009 herrschte Weltuntergangsstimmung, der Konsens ging davon aus, dass sich die Wirtschaft über viele Jahre hinweg nicht von dieser Krise erholen würde. 2011 waren Aktienmärkte erneut in der Anlegergunst unten durch, Gold wurde hochgelobt. Im Jahr 2012 wurden US-Aktien aufgrund der „schwachen“ Währung und der dramatischen US-Staatsverschuldung von deutschen Anlegern tendenziell gemieden.
Entscheiden Sie selbst, wie hilfreich der Marktkonsens im laufenden Bullenmarkt in den entscheidenden Momenten auf die Anleger eingewirkt hat. In der aktuellen Marktphase machen sich mehr Marktbeobachter Sorgen um den großen Crash als dem reifen Bullenmarkt noch große Dinge zuzutrauen. Behalten Sie das im Hinterkopf, denn so viel ist sicher: Märkte lieben es, die Mehrheit der Anleger zu überraschen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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