Von Thomas Grüner
Wenn sich Aktienmärkte in einer zähen Seitwärtsphase befinden, geraten Unternehmen mit hohen Dividendenzahlungen regelmäßig in den besonderen Fokus der Anleger. Auch wenn das Jahr 2019 sehr positiv verlaufen ist, so erscheinen insbesondere in Kombination mit 2018 die jüngst erwirtschafteten Renditen nicht übermäßig dynamisch. In Zeiträumen mit einer relativ geringen Gesamtrendite – bei hoher Volatilität – beschleicht Anleger das Gefühl, für ihr eingegangenes Risiko nicht angemessen belohnt zu werden. Dividendenzahlungen wirken hierbei wie ein Bonus, an emotional anstrengenden Aktieninvestitionen festzuhalten und auch aus schwierigen Phasen etwas „mitzunehmen“. Psychologisch betrachtet ist es also eine nachvollziehbare Reaktion, dass Dividendentiteln gerade in holprigen Phasen große Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Auf den zweiten Blick wird jedoch schnell deutlich, dass hohe Dividenden allein eben auch nicht entscheidend sind. Unter dem Strich zählt für Anleger die Gesamtrendite der Investition, neben Dividendenzahlungen (die nicht vom Himmel fallen, sondern direkt vom Kurswert abgezogen werden) zählt vor allem die Kursentwicklung selbst. Lohnt es sich dennoch in Seitwärtsphasen, einen besonderen Blick auf dividendenstarke Unternehmen zu richten?
Geringe Aussagekraft
Eine Analyse der historischen Daten bringt wenig Aufschluss – selbst im S&P 500, der über eine ausgedehnte Kurshistorie verfügt. In sorgfältig abgegrenzten Seitwärtsphasen im intakten Bullenmarkt, so zum Beispiel von April 2011 bis Februar 2012 oder von Mai 2015 bis Juli 2016 zu finden, zeigen die S&P 500 Dividendenaristokraten eine leichte Outperformance gegenüber dem marktbreiten S&P 500. Um daraus Profit zu schlagen, ist allerdings exaktes Timing vonnöten. Anleger müssten genau erkennen, wann der Beginn einer rechnerischen Seitwärtsphase eingeläutet wird. Da erscheint es doch weitaus sinnvoller, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: eine nachhaltige Strategie.
Unternehmen, die eine gesunde Dividendenpolitik verfolgen, sind nicht zu verachten. Zu einer nachhaltigen Strategie gehört jedoch weitaus mehr. Wer seine Aktienauswahl auf Dividendentitel konzentriert, vernachlässigt unter Umständen wichtige Auswahlkriterien im reifen Bullenmarkt, wie die richtige Sektorenauswahl oder die Größe der Unternehmen.
In volatilen Aktienmärkten zeichnen Dividenden tendenziell ein Bild der Beständigkeit, jedoch sind sie auch nicht in Stein gemeißelt. Sie stellen nur eine Möglichkeit der Unternehmen dar, Aktionären eine Gewinnbeteiligung zu gewähren. Im Einzelfall gilt es, die Dividendenpolitik des Unternehmens sorgfältig zu überprüfen und auch andere Methoden der sinnvollen Gewinnverwendung zu akzeptieren. Wenn Anleger eine Unternehmensbeteiligung eingehen, sollte vor allem ein Ziel dahinterstecken: Langfristiges Vertrauen in die Wachstumschancen des Unternehmens.
Fazit: Seitwärtsbewegungen im Aktienmarkt können frustrierend sein. Der laufende Bullenmarkt hat Anleger schon mehrfach auf die Probe gestellt, in Zwischenphasen mit hoher Volatilität und moderaten Renditen. Dividendentitel behaupten sich in diesen Phasen immer wieder ordentlich und stehen bei Anlegern dementsprechend hoch im Kurs. Doch auch wenn auf den ersten Blick hohe Dividenden wie ein probates Hilfsmittel gegen emotionale Risiken wirken: Am Ende ist eine nachhaltige Strategie zielführend, nicht die reine Dividendenjagd. Ganz so einfach wird es der reife Bullenmarkt den Anlegern auch weiterhin nicht machen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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