Von Thomas Grüner
Das Börsenjahr 2020 ist ein Wahljahr im US-Präsidentschaftszyklus. Nicht nur deshalb sollten sich Anleger darauf gefasst machen, dass viele politische Einflussfaktoren die Schlagzeilen beherrschen werden. Aktuell konzentriert sich die Berichterstattung noch auf den Auftritt diverser Politiker auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Im Bereich der US-Politik sorgt das gestartete Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump für Aufregung. Im weiteren Jahresverlauf wird der Fokus jedoch unweigerlich in Richtung US-Wahl am 3. November 2020 wandern. Wer dieses Ereignis früh genug rational einschätzt, kann sich in der heißen Phase entspannt zurücklehnen.
US-Präsidentschaftszyklus
US-Wahljahre sind tendenziell gute Jahre für den Aktienmarkt. US-Präsidenten widmen sich in der Regel vor allem in ihren ersten beiden Amtsjahren der Gesetzgebung, wenn die politische Durchsetzungskraft am stärksten ist. Das kann Unsicherheit an den Märkten hervorrufen, da die kontroversen Diskussionen um mögliche Gewinner und Verlierer der legislativen Änderungen das Sentiment belasten. Typischerweise verliert der US-Präsident aber zur Halbzeit seiner Amtsperiode im Rahmen der Zwischenwahlen an politischer Durchsetzungskraft. Dritte und vierte Jahre (das Wahljahr) im Präsidentschaftszyklus sind geprägt von politischen Pattsituationen.
Ganz abgesehen vom politischen Patt haben Politiker in der Spätphase ihrer Amtsperiode auch gar keine große Intention, sich mit neuer Gesetzgebung zu befassen. Das oberste Ziel ist schließlich die Wiederwahl, weshalb sich Politiker im Wahlkampf hauptsächlich bemühen, möglichst viele potentielle Wählergruppen zu vereinen. Kontroverse Themen wie die Gesetzgebung treiben die Meinungen dagegen auseinander und würden eine kontraproduktive Wirkung entfalten.
Politische Einflussfaktoren günstig
Gut für den Aktienmarkt – was bedeutet das in Zahlen? Historisch betrachtet sind Wahljahre mit überdurchschnittlich positiven Ergebnissen ausgestattet. Der S&P 500 Total Return Index erreichte im Durchschnitt einen Zuwachs von 11,1 Prozent, in 82,6 Prozent der Fälle verlief das Kalenderjahr positiv. Erste und zweite Wahljahre im US-Präsidentschaftszyklus erreichen zwar auch eine deutlich positive Durchschnittsrendite, hinken jedoch gerade beim Anteil der positiven Jahre mit 58,3 Prozent beziehungsweise 62,5 Prozent deutlich hinterher.
Tendenziell entwickeln sich Wahljahre vor allem Richtung Jahresende sehr dynamisch, wenn sich die politische Unsicherheit schrittweise verflüchtigt. Auf dem Weg dorthin müssen Anleger in vielerlei Hinsicht mit der Ungewissheit leben. Das unübersichtliche Kandidatenfeld für die Vorwahlen lässt noch keine sinnvolle Ergebnisdiskussion zu, die aggressive Rhetorik im Wahlkampf kann jederzeit die Stimmung dämpfen – diese Einflussfaktoren verhindern, dass die Marktstimmung im frühen Jahresverlauf abheben kann. Die US-politischen Vorzeichen für 2020 stehen also gut – auch wenn die Dynamik des Vorjahrs gegebenenfalls nicht wiederholt werden kann.
Fazit: Politik ist nicht alles! Wirtschaftliche Einflussfaktoren und die Marktstimmung entscheiden ebenso über die Rahmenbedingungen für die Bewegung der Märkte. 2020 wird ein Börsenjahr mit vielen politisch geprägten Schlagzeilen sein. Gerade der heiße US-Wahlkampf wird Spuren in der Marktstimmung hinterlassen. Rational betrachtet gilt jedoch: Politische Einflussfaktoren sollten im Börsenjahr 2020 tendenziell eine positive Wirkung entfalten können.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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