Von Thomas Grüner
Viele Marktbeobachter sorgen sich auch im Börsenjahr 2020 um den Zustand der Weltwirtschaft. Zwar sind die Diskussionen um eine drohende Rezession etwas leiser geworden, dennoch steht die globale Expansion nach Ansicht zahlreicher Experten nach wie vor auf wackligen Beinen. Problematische Einflussfaktoren wie der Corona-Virus verstärken die Sorge um die Wachstumsbemühungen der globalen Wirtschaft.
Positive Meldungen finden in den aktuellen Schlagzeilen weiterhin wenig Platz. Jedoch zeigen beispielsweise die Einkaufsmanagerindizes zum Ende Januar durchaus positive Tendenzen. Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe hält insbesondere in Europa an, mit dem starken Dienstleistungssektor im Rücken stehen die Zeichen in der aggregierten Betrachtung allerdings weiterhin auf Wachstum. Bei den zusammengesetzten Indizes erreichen die USA einen Wert von 53,1 und führen die Industrieländer einmal mehr an, aber auch die Eurozone mit 50,9 und Großbritannien mit 52,4 übertreffen die Wachstumsschwelle von 50.
Großbritannien im Fokus
Besondere Aufmerksamkeit erregt der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex für Großbritannien. Nach monatelanger Rückläufigkeit konnte zum Ende Januar der Sprung in den Wachstumsbereich gelingen. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Gegenwind durch die hartnäckige Brexit-Diskussion mittlerweile abnimmt. Viele Unternehmen haben sich über längere Zeit hinweg in Zurückhaltung geübt, solange die politische Diskussion von Unsicherheit geprägt war. Im März 2019 deutete einiges auf ein „No Deal“-Szenario hin, weshalb viele Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit reduzierten. Die Verschiebung der Deadline auf den 31. Oktober geschah auf den letzten Drücker, zu diesem Zeitpunkt hatten zahlreiche Unternehmen ihre Lagerbestände erhöht – was sich negativ auf die Produktionszahlen der Folgemonate auswirkte. Am 31. Oktober 2019 bot sich im Rahmen der erneuten Verschiebung der Deadline auf den 31. Januar 2020 ein ähnliches Schauspiel, wenn auch nur in abgeschwächter Form. Sowohl die Unternehmen als auch die Politiker selbst räumten einer schnellen Lösung offensichtlich eine geringere Wahrscheinlichkeit ein.
Schwindende Unsicherheit
Nach dem Erfolg in den Parlamentswahlen war der Weg frei für die Konservative Partei um Boris Johnson, den Brexit-Deal endlich über die Bühne zu bringen. Natürlich löst sich jetzt nicht alles in Wohlgefallen auf: Bis zum Jahresende 2020 muss das Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU neu gestaltet werden. Die politischen Rangeleien gehen munter weiter. In den Umfragen wird jedoch deutlich, dass sich die Mehrheit der Unternehmenslenker positiv über das Ende der politischen Unentschlossenheit äußert.
Fazit: Das verarbeitende Gewerbe in Europa zeigt sich in den vergangenen Monaten verbessert, aber immer noch problembehaftet. Der Dienstleistungssektor zieht die Wirtschaft nach oben, aber insgesamt sind die Wachstumsaussichten eher gemäßigt als herausragend. Ist das ein schlechtes Zeichen für die Aktienmärkte? Keineswegs! Die jüngsten Daten verdeutlichen einen wichtigen Punkt: Aktienmärkte benötigen kein herausragendes Wirtschaftswachstum im Hintergrund, um sich positiv zu entwickeln. Der kräftige Gegenwind im verarbeitenden Gewerbe hat die globalen Aktienmärkte im Jahr 2019 nicht aufgehalten. Die Chancen stehen gut, dass sich das globale Wachstum im Jahr 2020 fortsetzt – ein guter Grund, sich nicht so einfach aus dem Bullenlager vertreiben zu lassen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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