Von Bernd Niquet
In diesem Jahr hat der Osterhase die Eier zerbrochen. Und wir stehen vor einer Aufgabe, die nichts Geringerem entspricht als der Quadratur des Kreises.
Ich werde heute einen Vorschlag machen, der da lautet: Vielleicht kommen wir mit einer marktwirtschaftlichen Lösung auch bei Corona weiter als mit dem gegenwärtig praktizierten sozialistischen Planwirtschaftsdenken unserer Politik.
In den Wochen nach Ostern werden wir uns in irgendeiner Form wieder öffnen müssen. Denn wenn wir pleitegehen, können wir niemandem mehr helfen. Und allein unser Shutdown in den Industrieländern wird ohnehin geschätzt 35 bis 65 Millionen Menschen weltweit in die absolute Armut stürzen.
Es gibt aber auch abseits aller wirtschaftlicher Gedanken keine Alternative dazu. Denn so lange wir keinen Impfstoff gegen das Virus haben, müssen wir uns auf den Weg zur Herdenimmunität machen.
In meiner vorangegangenen Kolumne habe ich vorgerechnet, dass, wenn die Zahlen stimmen, die uns täglich bis auf die letzte Stelle genau in den Fernsehnachrichten präsentiert werden, wir 27 Jahre brauchen, um die Herdenimmunität zu erreichen, ohne die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenze zu bringen.
Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass die Zahlen nicht stimmen. Es sind extrem viel mehr Menschen infiziert als offiziell erfasst. Und das ist durchaus eine gute Nachricht, denn dann wären wir bereits viel weiter als es bisher den Anschein hat.
Doch wie soll das jetzt laufen mit der Öffnung?
Ich muss hierbei immer an den 6. Juni 1944 denken, den D-Day der Landung der Alliierten in der Normandie, der wir alle unsere heutige Freiheit zu verdanken haben. Damals mussten die Befehlshaber entscheiden, welche Soldaten in die Boote mussten, die als erste am Strand anlanden würden. Diese Menschen wurden bewusst geopfert, geopfert für unsere Freiheit. Denn die Überlebenschancen dieser Männer im Abwehrfeuer der Verteidiger waren nur gering.
Der Vergleich passt zum Glück nicht, die Frage bleibt jedoch: Wer zuerst? Die Kinder in den Schulen, weil bei ihnen das Gesundheitsrisiko am kleinsten ist? Oder diejenigen, die es wirtschaftlich am Nötigsten haben?
Eine Antwort auf diese Frage kann nicht einmal der Ethikrat liefern. Und wenn ich mir unsere Politiker in dieser Hinsicht anschaue, wird mir ganz schlecht. Sie sind zwar gut im Absperren, im Abriegeln, Überwachen und in den sozialistischen Verteilungsfragen, doch hier? Gott bewahre.
Ich denke, die Schulen zu öffnen, ist in jeder Hinsicht vernünftig. Doch ansonsten habe ich gegenüber jeder administrativen Entscheidung Muffen. Soll die Kanzlerin jetzt als gleichsam wohlwollende Diktatorin entscheiden, was die gesamte Gesellschaft zu tun hat? Oder dem Bundestag den entscheidenden Vorschlag machen?
Soll die Kanzlerin, die schon bei der Frage versagt hat, wer in unser Land hineinkommen soll, jetzt die Macht bekommen, (mit) zu bestimmen, wer als Erstes herausgeht? Gott bewahre.
Warum überlassen wir das daher nicht eigentlich jedem selbst?!
Wir sind doch alle mündige Bürger. Heute weiß doch jeder um die Risiken. Wer also seinen Laden wieder aufmacht, weiß, was er tut. Und wer sehr oft einkaufen geht, weiß auch, was er tut. Und wir alle zusammen wissen, wenn die Krankenhäuser voll sind, dann sind sie voll.
Ja, warum keine Marktlösung? Lassen wir doch jeden selbst entscheiden. In gewissen Grenzen natürlich, und diejenigen, die in Quarantäne bleiben wollen, sollen finanziell unterstützt werden.
Schließlich leben wir doch in einem Land, in dem jeder mit unbegrenzter Geschwindigkeit auf der Autobahn gegen einen Brückenpfeiler fahren, sich totsaufen und durch Zigaretten die Lunge zerfressen lassen kann. Auch das fordert unser Gesundheitssystem enorm. Und da gibt es keinen Diktator, der das verbietet.
Warum also hier?
Das ist natürlich keine Patentlösung, doch man könnte ja einmal darüber nachdenken.
Ich wünsche Ihnen trotz allem ein schönes Osterfest!
P.S.: Diese Kolumne sei Paul C. Martin gewidmet, von dessen Tod im Alter von 80 Jahren ich gerade erst erfahren habe. Für mich war er der Größte und ich habe ihm persönlich sehr viel zu verdanken. Sein Buch „Aufwärts ohne Ende“ ist für mich noch heute der Wegweiser überhaupt. In einer der nächsten Kolumnen werde ich seine darin entwickelte Theorie einmal darstellen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro
Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de
oder bei Amazon
Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.
»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.