Von Bernd Niquet
50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner sind nicht viel. Das ist ein halbes Promille. Auf den menschlichen Blutkreislauf übertragen ist das der Alkohol von einem guten halben Liter Bier.
Da ist der Mensch fröhlich. Ab jetzt müsste in einem Landkreis, in dem so etwas auftritt, jedoch die Wirtschaft erneut zugeschlossen werden. Und das völlig unabhängig davon, ob die Infizierten schwerkrank sind oder nicht einmal einen Schnupfen haben.
Ob sich daher überhaupt noch jemand testen lässt? Und wenn nicht, kommt dann der Zwangstest?
Und was ist mit dem Immunitätspass? Müssen wir vielleicht bei der nächsten Hotelbuchung ein Gesundheitszeugnis vorlegen?
Gedanklich ist jetzt der Weg nicht mehr weit, einer für gefährlich gehaltenen Menschengruppe vorzuschreiben, einen gelben Stern auf ihre Maske zu kleben.
Wir Deutschen sind wieder auf Kurs, unseren grundlegenden Charakter herauszukehren, der schon so oft die Geschichte bestimmt hat.
Ohne die Endlösung eines Impfstoffes ist bei uns die Zukunft nicht vorstellbar. Das Durchwursteln anderer Länder ist uns fremd. Entweder alles ausrotten oder die eigene Vernichtung, da gibt es kein Drittes. Und an unserem Wesen soll dann die ganze Welt gesunden.
Meine Lieblingserkenntnis der Geschichtswissenschaft stammt von dem Berliner Wirtschaftshistoriker Knut Borchardt und besagt, dass wir nicht nur aus der Geschichte für die Gegenwart lernen, sondern gleichzeitig auch umgekehrt aus der Gegenwart über die Geschichte.
Bis vor kurzer Zeit ist es mir völlig unverständlich gewesen, wie ein intelligentes Volk wie die Deutschen einen Mann wie Adolf Hitler wählen und sich auf dessen Weltsicht einlassen konnten.
Seit einigen Wochen verstehe ich es jedoch.
Wer sich einmal mit den Verträgen von Versailles nach dem Ersten Weltkrieg befasst hat, für den relativiert sich die aktuelle Gegenwart sehr. Trotzdem scharen sich die Deutschen erneut willig und untertänig um ihre Führer.
Der Wissenschaftler Stefan Homburg, dessen Lehrbuch mich in meinem Studium begleitet hat, sagt, Corona sei ein reiner Hype und erinnere an die 1930er Jahre. Und die Behauptung aus dem März, Corona werde ohne Lockdown in Deutschland Menschen in riesiger Größenordnung hinwegraffen, sei von ähnlicher Qualität gewesen wie die Aussage, Deutschland sei ein Volk ohne Raum.
Auch hier können wir wieder aus der Gegenwart für die Geschichte lernen. Zitat: „Diese irre Losung wurde so lange wiederholt, bis die Mehrheit der Deutschen bereit war, einen Angriffskrieg zu führen.“ Selbst das wird, schrecklich, es zu sagen, jetzt verständlich.
Ich will hier nicht über Corona streiten, mir geht es um die Tatsache, wie gespenstisch leicht es anscheinend ist, selbst Menschen, die so aufgeklärt und selbstbewusst sind wie nie zuvor in der Geschichte, auf einen Weg zu bringen, den sie selbst vorher niemals je für möglich gehalten haben.
Das Schlimmste, was der Politik jetzt passieren könnte, wäre, dass die Heinsberg-Studie von Hendrik Streeck mit ihren Ergebnissen, dass nur 0,37 Prozent der mit Corona Infizierten sterben, sich auf das gesamte Land übertragen lässt.
Denn wenn die Leute in diesem Fall dann merken würden, dass die Kritiker des Lockdowns Recht gehabt haben und es nicht nötig gewesen wäre, unzählige Existenzen zu vernichten und sogar unsere gesamte Volkswirtschaft und die Staatsfinanzen an die Grenze zum Ruin zu führen, bleibt hierzulande bestimmt kein Stein mehr auf dem anderen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro
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Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.
»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.
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