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Böse Verschwörer, gute Verschwörer

Donnerstag, 14. Mai 2020 um 09:02

Von Bernd Niquet

Derzeit sind Verschwörungstheoretiker ja weit mehr im Fokus der Medien als das Virus, das vorher unser gesamten Leben gestoppt hatte. Ich sehe das als gutes Zeichen, denn dann kann es mit dem Virus ja nicht mehr so lebensbedrohlich sein.

Auch beim Thema Verschwörungen und Verschwörungstheorien hilft ein Blick in die Geschichte. Die berühmtesten Verschwörer in der Geschichte Deutschlands sind ja die Verschwörer vom 20. Juli 1944, die Hitler-Attentäter um Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Daran musste ich denken, als der Chef der Grünen Robert Habeck gefordert hat, wir müssten die Verschwörungstheoretiker von allen gegenwärtigen Demonstrationen ausschließen. Da dachte ich: Wo stehst du Junge, dass du über so etwas entscheiden willst?

Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Verschwörern und Verschwörungstheoretikern? Theorie ist ja ein positiv besetzter Begriff, also sind Verschwörungstheoretiker sicherlich weniger böse als Verschwörer. Oder eben weniger gut, je nachdem, wie man es sieht. Doch darf man das überhaupt?

Die Materie ist also durchaus schwieriger als man auf den ersten Blick glaubt. Denn Theoretiker machen sich Gedanken, sie hinterfragen Theorien und versuchen, eigene, bessere Theorien zu entwickeln. Das ist a priori erst einmal sehr positiv zu werten.

Wer dagegen seine eigene Meinung für alternativlos hält, hat von Theorie nichts begriffen. Theorien können nämlich niemals absolut wahr sein, sie können nur vorläufig wahr sein, so lange, bis sie durch eine bessere Theorie ersetzt werden. Und Theorien müssen stets kritisch diskutiert und beim Scheitern verworfen werden.

Helmut Schmidt wusste das noch, der hatte Karl Popper gelesen. Die heutigen Machthaber sind da schlichter.

Die Sache mit der Wahrheit ist auch verflucht schwierig. Wenn ich beispielsweise sage „Frau M. hat die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland gebrochen“, dann lässt sich über diesen Satz ein eindeutiges Urteil fassen. Er ist entweder wahr oder falsch – und das lässt sich objektiv und für jeden Interessierten nachprüfen.

Welchen Wahrheitswert haben hingegen Statistikmodelle wie der R-Wert des RKI? Wenn ich Wahrscheinlichkeitsaussagen mache, können diese überhaupt jemals wahr sein? Und wenn ja, in welchem Maße? Ich finde, darüber müssen wir diskutieren. Da hilft es nicht, Menschen an die Wand zu stellen, es müssen vielmehr die Annahmen, die Rechenoperationen und die Folgerungen auf den Tisch.

Großartig finde ich, was der Verschwörungsexperte Sebastian Bartoschek in der „Welt“ sagt, wie man mit Verschwörungstheoretikern umgehen solle: „Man sollte sich immer wieder Zeit nehmen, die Faktenlage zu erklären.“ An dieser Stelle musste ich aufhören zu lesen und grübeln, ob ich weinen oder lachen sollte.

Ich finde etwas anderes wichtig. Ich denke, wir müssen alle Zahlen, die öffentlich verkündet werden, in einen Gesamtzusammenhang stellen. Wenn die Fernsehnachrichten im ÖRR verkünden, die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus seien gestiegen oder gefallen, dann sind das nichts anderes als Nullaussagen.

Aussagekräftig wären sie nur, wenn man gleichzeitig angibt, welche Personengruppen getestet wurden und vor allem, wie viele Tests im Vergleich zu anderen Tagen den Meldungen zu Grunde liegen. Doch darüber wird ja nicht berichtet.

In der Öffentlichkeit wird überall das Lob auf die Wissenschaft gesungen, es hat jedoch mit Wissenschaft nicht das Geringste zu tun, wenn, wie es bei uns üblich ist, deren Thesen nur nachgebetet und nicht überblickt und verstanden werden.

Aus meiner Sicht ist die Dummheit und das Nicht-verstehen-Wollen sowie das Nicht-verstehen-Können von Politik und Medien der Hauptgrund dafür, dass unsere Gesellschaft auseinanderzubrechen droht.

Es gibt nirgendwo jemanden an entscheidender Position, der schwierige Dinge wirklich einleuchtend erklären kann. Und das liegt wahrscheinlich daran, dass die Apparatschicks in unserer politischen Führung und die Karrieristen in den Medien nicht über das notwendige Wissen dazu verfügen.

Die einzige Chance für unsere Demokratie besteht in einer neuen politischen Debattenkultur und in aufklärerischen Medien. Die Klugen müssen an die Macht, diejenigen, die über Wissen und Einschätzungsvermögen verfügen. Und weg mit den Luftbeuteln, Knallfröschen und dem ÖRR.

Sonst landen wir wieder beim Grafen von Stauffenberg.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro

Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de

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Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.

»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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