Von Bernd Niquet
Man ist heutzutage zwangsläufig in irgendeiner Weise mit dem Krieg konfrontiert, oder? Wir führen derzeit ja auch einen Krieg, erst einmal gegen das Virus und dann auch noch gegen uns selbst.
Allerdings sind alle Kriegs-Parallelen sehr weit hergeholt. Es gibt auch nicht mehr viele Menschen, die den Zweiten Weltkrieg noch in einem reflektionsfähigen Alter miterlebt haben.
Zum Glück haben wir die Geschichtsschreibung sowie die aufgezeichneten Berichte von Zeitzeugen. Und manchmal ergibt sich dabei so etwas wie ein Muster
Seit dieser Woche existiert in Großbritannien rechnerisch die sogenannte Herdenimmunität. Sein Bier darf man bereits jetzt vor dem Pub trinken und wohl bald auch drinnen. Die letzten Spieltage der Premier League im Fußball sollen bereits wieder mit Zuschauern stattfinden und für den Sommer sind jede Menge Konzerte und Popfestivals angekündigt.
Erinnert sich noch jemand, wie die Briten in diese Pandemie gestartet sind? Es war ein Desaster. Es war ein Desaster wie damals, als auf die britischen Städte Bomben fielen. Und dennoch haben die Briten den Krieg gewonnen. Sie werden auch diesen Krieg wieder gewinnen.
Szenewechsel. Ein Interview mit dem Börsenaltmeister André Kostolany, geboren 1906 (und gestorben 1999). Er erzählt, wie er den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in New York erlebt hat. Und mit was für vermeintlich läppischen Maßnahmen die USA darauf reagiert haben.
Man war nämlich fortan unter anderem aufgerufen, Stoff zu sparen. Aber nicht den Stoff zum Saufen oder zum Fahren, sondern den Stoff für die Kleidung. Hosenumschläge waren damals ab sofort verboten. Heute würde sich die Welt totlachen darüber.
Doch es dauerte nicht lange, dann hatten die USA eine schlagkräftige Armee und ausreichend Waffen zur Verfügung. Und sie haben den Krieg gewonnen. Sie werden auch diesen Krieg wieder gewinnen.
Kostolany hat ja stets von der Fähigkeit der USA gesprochen, auch in den größten Krisen adäquat zu reagieren und gestärkt daraus hervorzugehen. Ich sehe hier große Ähnlichkeiten zwischen den Briten und den USA.
Die anglo-amerikanische Welt scheint mir ähnliche Charaktereigenschaften zu besitzen, die immer wieder unterschätzt werden. Da zieht zuerst ein gewisser Schlendrian ein, doch wenn es dann ums Ganze geht, sind sie voll da.
In Großbritannien und den USA hat es und wird es keine Diktatur geben, davon bin ich überzeugt. Selbst einen Trump hat man überstanden und einen Johnson auf Linie gebracht. Da werden keine Grünen und keine anderen Verrückten an die Macht kommen, die die Welt retten wollen.
Bei uns bin ich mir da allerdings nicht so sicher.
Und bei uns scheint auch vieles genau andersherum zu laufen. Bei uns war alles immer so ordentlich und so perfekt, doch jetzt sieht man, dass vieles davon nur Fassade ist.
Doch letztlich ist noch nichts entschieden. Geschichtliche Prozesse dauern auch weit länger als man gemeinhin erwartet. Der Untergang des Römischen Reiches hat Jahrhunderte gedauert.
Dennoch habe ich in dieser Woche die Euro von meinem Konto geräumt und mir Staatsanleihen in US-Dollar und Pfund-Sterling gekauft. Denn ich liebe die Romantik und schwöre darauf, in Gelddingen emotional zu handeln.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SECHSTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2020, 621 Seiten, 22 Euro
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Bernd Niquet und seine Tagebücher: „Der wirkliche Donnerschlag kommt dann mit Verzögerung. Auch braucht mein Inneres einige Zeit, um ihn zu realisieren. Doch als die Dinge dann klar sind und in mir sacken, mache ich etwas, was ich vorher beim Tagebuchschreiben noch niemals gemacht habe. Ich unterstreiche die wichtigen Passagen nicht wie sonst mit meiner blauen Tinte, sondern mit schwarzem Filzstift. Einunddreißig Jahre schreibe ich mittlerweile Tagebuch, das zeigt die Dimension. Hinterher bin ich selbst erschrocken. Das Tagebuch sieht jetzt aus, als sei jemand gestorben. Und in meinem Inneren fühlt es sich auch tatsächlich so an.“
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt in einem ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die vorangegangenen fünf Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2018 und 2019.
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