Von Bernd Niquet
Vor Beginn der Live-Version des Songs „Roads To Moscow“ macht der Sänger Al Stewart diese Ansage hier: „Halfway through this song strange things will happen, but don´t let them put you up.“ Daran muss ich heute fast an jedem Tag denken.
Kurz nachdem bei uns in Deutschland der knallharte Lockdown mit Ausgangssperren beschlossen wurde, diskutiert man jetzt darüber, die Außengastronomie und die Hotels wieder zu öffnen. Und manche Bundesländer beginnen damit bereits. Wahrscheinlich allerdings vorerst nur für Tagesschläfer, weil nachts müssen sie ja wieder zu Hause sein.
Einen richtigen Schreck habe ich allerdings erst bekommen, als ich in meiner Zeitung am Morgen diese beiden Überschriften lesen musste: „Der Überbietungswettbewerb der Klimaradikalen“ und „Ein Klima-Lockdown nach dem Corona-Lockdown wäre falsch“.
Als ich vor ein paar Monaten geschrieben hatte, die Corona-Maßnahmen wären nur die Generalprobe für das, was wir später einmal hinsichtlich des Klimas zu erwarten haben, hätte ich gedacht, bis dahin dauert es bestimmt zehn Jahre. Doch die Zeit stürzt ja gerade in sich selbst hinein und wir befinden uns mitten in einem schwarzen Loch.
Ich denke, der dümmste Satz, der in den vergangenen Jahren gesagt worden ist, lautet: „Listen to the science!“ Denn es gibt ja nicht nur eine Wissenschaft, es gibt Millionen. Und da in jedem Kontext immer nur eine Wissenschaft die Realität adäquat beschrieben kann, müssen die meisten zwangsweise falsch sein.
Bei Corona erleben wir das derzeit gerade sehr deutlich, denn die exponentiellen Steigerungen, die für die Zeit nach Ostern angekündigt waren, hat es nicht gegeben.
Doch einen Deutschen bringt so etwas nicht aus der Fassung. Wenn eine für richtig entschiedene Theorie sich nicht bewahrheitet, dann muss also die Realität falsch sein. Daher weiter, ab zum nächsten Thema.
Kurt Tucholsky hat es sehr treffend ausgedrückt, was dahinter steckt: „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen zu übertreiben.“ Der Berliner drückt sich da heute leicht anders aus und sagt: „Unsere Leute sind einfach komplett irre geworden.“
Ich muss allerdings auch immer an meinen Vater denken, der gesagt hat, die Briten hätten aus den Mendelschen Erbgesetzen eine prima Pferdezucht gemacht, wir Deutschen hingegen die Nürnberger Rassengesetze. That´s the difference that makes the difference.
Irgendwie befinden wir uns momentan geistig in einem luftigen Zustand, denn während wir einerseits vorgeben, das Leben unserer Kinder und Enkel durch eine radikale Klimapolitik zu schützen, knallen wir derzeit so hemmungslos das Geld heraus, als gäbe es dieses Morgen bereits gar nicht mehr.
Was nützt unseren Kindern und Enkeln jedoch ein niedriger Meeresspiegel, wenn die Kasse leer ist und sie pleite sind? Wären sie hingegen reich, könnten sie Technologien entwickeln, die Krise trotzdem zu überstehen.
Und so ganz beiläufig konnte man den Meldungen zum Corona-Thema ja in dieser Woche auch entnehmen, dass es durch das Virus überhaupt keine Übersterblichkeit in Deutschland gibt. Oh.
Interessant ist auch das Thema der Hotels. So richtig überzeugt hat es mich von der Logik her nie, warum ich in einem Hotel die Menschen, denen ich auf dem Gang begegne, anstecken soll, das jedoch auf dem Flur in dem Haus, in dem ich wohne, nicht der Fall sein soll.
Aber geschenkt. Wenn alle gehängt werden sollen, müssen eben auch alle gehenkt werden, da darf es keine Ausnahmen geben. Nur was das kostet... , aber Geld spielt ja heute keine Rolle mehr. Trotzdem.
Gerade habe ich gelesen, dass viele große Hotels es nicht schaffen werden und pleite gehen werden, weil die Überbrückungshilfe III auf 10 Millionen Euro gedeckelt ist.
Eigentlich wollte ich das noch kommentieren, doch angesichts der Überlegung, dass es dann, wenn es eine Hilfe III gibt, auch Hilfen I und II gegeben hat, die vielleicht nicht gedeckelt waren, und bei einem Blick auf die Karte, wie viele Hotels es in Deutschland gibt, bin ich ohnmächtig geworden.
Fast jedenfalls. Denn ich weigere mich, so etwas auszurechnen. Irgendwann werden wir jedoch alle einmal eine Zahl hören. Spätestens dann werden wir wissen, dass kaum jemals jemand dümmer seine Zukunft verspielt hat als der Angsthase, der vorgab, Eier zu haben und die Welt zu retten, dann aber über die Möhre stolperte und daraufhin auf dem Gabentisch der anderen landete.
Und dann lesen wir in der Kochzeitschrift das Rezept für falschen Hasen mit Ei. Falscher Hase ist ein Hackbraten mit einem weichgekochten Ei in der Mitte… .
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SECHSTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2020, 621 Seiten, 22 Euro
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Bernd Niquet und seine Tagebücher: „Der wirkliche Donnerschlag kommt dann mit Verzögerung. Auch braucht mein Inneres einige Zeit, um ihn zu realisieren. Doch als die Dinge dann klar sind und in mir sacken, mache ich etwas, was ich vorher beim Tagebuchschreiben noch niemals gemacht habe. Ich unterstreiche die wichtigen Passagen nicht wie sonst mit meiner blauen Tinte, sondern mit schwarzem Filzstift. Einunddreißig Jahre schreibe ich mittlerweile Tagebuch, das zeigt die Dimension. Hinterher bin ich selbst erschrocken. Das Tagebuch sieht jetzt aus, als sei jemand gestorben. Und in meinem Inneren fühlt es sich auch tatsächlich so an.“
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt in einem ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die vorangegangenen fünf Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2018 und 2019.
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