Von Bernd Niquet
In meiner Zeitung „Welt“ gab es in dieser Woche einen ganz schönen Aufruhr wegen einer Studie eines Forscherteams um den Medizinprofessor Matthias Schrappe über Corona.
Ich zitiere hier ein paar Passagen aus dem dazugehörenden Interview. Darin sagt Schrappe: „Die Angst vor knappen Intensivkapazitäten oder der Triage war unbegründet. Und es steht fest, dass das vielen Entscheidern während des gesamten Pandemieverlaufs bewusst gewesen sein muss. Die Bundesregierung nahm immerhin eine halbe Milliarde Euro in die Hand, um den Aufbau zusätzlicher Intensivbettenkapazitäten zu finanzieren. Nach unseren Recherchen scheinen diese Betten aber nicht existent zu sein.“
Und weiter: „Sicher ist: Ein Intensivbett bringt einen höheren Erlös als ein Normalbett. Ein Patient auf der Intensivstation muss auch nicht zwingend ans Beatmungsgerät. Klar ist nur: Es gibt Zweifel an einem zielgerichteten, adäquaten Einsatz unserer Ressourcen. Es gibt sogar einzelne Tage, an denen offiziell mehr Patienten auf Intensivstation lagen, als überhaupt hospitalisiert waren. Mit dem Satz ‚Wir laufen voll’ lässt sich das nicht in Einklang bringen. Es geschehen da seltsame, unverständliche Dinge.“
Ich habe daraufhin einen Diskussionsbeitrag im Forum der Welt geschrieben, dass es hier leider bestimmt wieder genauso kommen wird wie bei allen investigativen Dingen: Zuerst eine große Aufregung, doch dann passiert – NICHTS. Auf diesen Beitrag hin habe ich mehr Herzchen bekommen als es Diskussionsbeiträge gab. Er scheint also die Leser genauso wie mich ins Herz getroffen zu haben.
An den Folgetagen wurden die brisantesten Thesen dieser Studie dann zerpflückt und ich muss zugeben, mittlerweile nichts mehr zu verstehen. Es ist wie im Krieg, Information und Desinformation überlagern sich. War die Kritik nun berechtigt, hat wirklich niemals die Gefahr einer Überbelegung der Intensivstationen oder gar der Triage in unserem Land bestanden? Und haben die Krankenhäuser nun durch Potemkinsche Dörfer ihre Finanzen aufgebessert?
Erstaunlich finde ich vor allem, dass das alles plötzlich so kompliziert ist, obwohl der Sachverhalt doch eigentlich ganz einfach ist. Denn im Grunde genommen geht es doch nur darum, ein paar Betten zusammenzuzählen. Doch niemand schafft das in klarer Weise. Vielleicht wollen die entscheidenden Leute allerdings auch genau das gerade nicht? Ich habe keine Ahnung.
Natürlich muss ich dabei sofort ans Klima denken. Ob man das CO2 und seine Verursacher vielleicht genauso zählt wie Betten? Auch hier habe ich keine Ahnung. Doch keine Angst, ich bin kein Leugner, sondern nur ein Zweifler. Der Begriff Leugner ist in diesem Bereich ohnehin Unsinn, weil jemand, der etwas leugnet, wissen müsste, was richtig ist. Doch da das keiner weiß, kann es auch niemand leugnen. Zweifel sind hingegen immer berechtigt.
Und Zweifel sind nicht nur berechtigt, sondern auch wichtig. Denn DIE Wissenschaft, deren Existenz heute suggeriert wird, gibt es nicht. „DIE Wissenschaft“ ist ein Konzept interessierter Kreise, um sich unwissenschaftlich gegen wissenschaftliche Kritik abzuschotten.
Ich werde daher immer Skeptiker bleiben, wenn jemand kommt und sagt, eine Sache wäre wahr und die Wahrheit sei unangreifbar. Ich bin aber auch nicht Marx oder Engels.
Als ich studiert habe, war die Wissenschaftsgemeinde in den USA felsenfest von den Theorien Milton Friedmans überzeugt, Inflation sei ein monetäres Phänomen. Heute wissen wir, dass das Unsinn ist. Und hätten sich die Notenbanken nach 2008 nach dieser Theorie gerichtet, wären wir heute alle bettelarm wie die Kirchenmäuse und würden uns unter den Brücken über ein wärmeres Klima sehr freuen.
Die statistischen Klimamodelle von heute sind im Vergleich dazu allerdings so kompliziert, dass sie kein Nicht-Spezialist je verstehen wird. Die ganzen Bettenzähler natürlich ebenfalls nicht, und ich selbst erst recht nicht.
Ich verstehe ja schon die Sterbestatik nicht. Im vergangenen Jahr sind nämlich deutlich mehr Leute gestorben als in den Jahren zuvor. Doch es gab keine Übersterblichkeit, weil nämlich der Jahrgang 1940, der da 80 Jahre alt wurde, geburtenstärker war als andere.
In diesem Moment fange ich an, mich wirklich vor statistischen Modellen zu fürchten. Denn da kann man anscheinend alles machen und auch das genaue Gegenteil davon.
Letztlich wird die Wissenschaft dadurch leider zur Glaubensfrage. Man kann nur den einen Wissenschaftlern glauben oder den anderen. Mehr ist nicht drin. Ich fürchte, es sieht wirklich so brutal aus.
Die Menschen von heute haben nicht nur nichts zu sagen, sie können auch nichts mehr verstehen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SECHSTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2020, 621 Seiten, 22 Euro
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Bernd Niquet und seine Tagebücher: „Der wirkliche Donnerschlag kommt dann mit Verzögerung. Auch braucht mein Inneres einige Zeit, um ihn zu realisieren. Doch als die Dinge dann klar sind und in mir sacken, mache ich etwas, was ich vorher beim Tagebuchschreiben noch niemals gemacht habe. Ich unterstreiche die wichtigen Passagen nicht wie sonst mit meiner blauen Tinte, sondern mit schwarzem Filzstift. Einunddreißig Jahre schreibe ich mittlerweile Tagebuch, das zeigt die Dimension. Hinterher bin ich selbst erschrocken. Das Tagebuch sieht jetzt aus, als sei jemand gestorben. Und in meinem Inneren fühlt es sich auch tatsächlich so an.“
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt in einem ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die vorangegangenen fünf Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2018 und 2019.
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