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Kein Eigentum mehr

Donnerstag, 27. Mai 2021 um 11:01

Von Bernd Niquet

Es gibt so Momente, in denen sich aus vielen völligen verschiedenen Kontexten etwas Gemeinsames herauskristallisiert und ich erst durch irgendeinen Zufall darauf komme.

Und dann dauert es trotzdem meistens noch eine ganze Weile, bis sich daraus irgendein Sinn ergibt. Manchmal ist der nicht groß, manchmal hingegen doch. Verborgen ist dieser Sinn am Anfang jedoch immer. Und ob sich daraus schließlich dann auch noch etwas Reales ergibt, entscheidet sich erst sehr viel später.

Derzeit beobachten wir eine enorme Asymmetrie zwischen den Entwicklungen der kleinen und großen Unternehmen. Der Kleinunternehmer bis hin zum kleinen Mittelständler steht heute in großer Zahl kurz vor der Pleite, wohingegen die Großunternehmen trotz Coronakrise Rekordgewinne einfahren.

Ist das Absicht, gibt es hier eine Verschwörung? Ich glaube an beides nicht. Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass in der Coronakrise eine neue Nähe zwischen den Mächtigen in der Politik und den Mächtigen in der Wirtschaft entstanden ist.

Nur das Große macht ja heute noch Eindruck auf die Wähler. Hätte beispielsweise ein kleiner Häuslebauer ein paar neue Häuser gebaut, würde davon kaum jemand Notiz nehmen, gehen jetzt jedoch die beiden größten Wohnkonzerne der Bundesrepublik zusammen, ist das etwas ganz anderes.

Und die wenigen Arbeitsplätze der Kleinunternehmer sind gegen diejenigen der Multis nahezu ohne Bedeutung. In Hinsicht auf die Wahlen. Und der Rest ist ja schnurz.

Und passt das wiederum nicht wunderbar in das Modell des „Great Reset“ hinein, diese Initiative des Weltwirtschafsforums (WEF), die eine Neugestaltung der weltweiten Gesellschaft und Wirtschaft im Anschluss an die Corona-Pandemie vorsieht? Ja, ich denke, das passt sehr gut.

Ich will jedoch zunächst beim Thema Wohnen bleiben, denn da habe ich vor einigen Jahren gelesen, leider ohne mich noch an die Quelle zu erinnern, dass das große Ziel der Wohnungsunternehmer weltweit nicht darin bestünde, Eigentumswohnungen zu errichten und diese dann zu verkaufen, sondern vielmehr die Wohnungssuchenden in Mietwohnungen zu zwingen.

Warum? Ich denke, das hat mit dem Fall der Margen im normalen Wirtschaftsgeschehen und vor allem mit der Nullzinspolitik der Notenbanken weltweit zu tun. Denn bei den Wohnungen bietet sich ein extrem lukratives Geschäftsfeld an, teure Wohnungen an solvente Mieter zu vermieten. Und es wäre ziemlich dumm, sich dieses Geschäft durch den Verkauf der Wohnungen kaputt zu machen, wenn man anschließend dann aufgrund der Nullzinsen keine attraktiven Anlagemöglichkeiten für den erzielten Gegenwert besitzt.

Doch weiter und zurück zum „Great Reset“ und dabei werden die Übereinstimmungen jetzt immer enger. Denn das WEF hat auch ein Traktat mit dem Namen „8 predictions for the world 2030“ veröffentlicht, deren erste Voraussage mir fast den Unterkiefer herunterfallen lässt. Denn sie lautet: All products will have become services. You don't own anything and you´ll be happy.

Niemandem gehört mehr ein Haus, niemandem ein Auto und selbst die Kleidung ist kein Eigentum mehr. Wunderbar. In vielem ist das ja heute bereits Realität: Wenn ich Netflix abonniere, dann BESITZE ich zwar den Zugang zu vielen Filmen, doch wenn hier jemand in Ungnade fällt oder schlichtweg nicht mehr interessant ist, habe ich das Nachsehen. Bin ich hingegen EIGENTÜMER der DVD, kann mir nichts passieren. Gleiches gilt für Musikstreams und Online-Bücher.

Gefährlich scheint mir auch das Speichern von Daten in Clouds. Ich würde das niemals tun, denn hier gebe ich doch die alleinige Verfügungsmacht auf. Mich erinnert das an das wunderbare Dramolett von Thomas Bernhard, sich doch trefflicherweise einen neuen Kopf zu kaufen. Was man heute allerdings umschreiben müsste: Mieten, den neuen Kopf nur mieten.

Strenggenommen ist das mit dem Verlust des Eigentums ja auch bei der Aktienanlage heute bereits aktuell: Bin ich Eigentümer einer Aktien von Daimler, kann ich mir die zwar nicht mehr ausgedruckt ausliefern lassen, so glaube ich zumindest, dennoch bin ich immer noch HERR*IN über meine Anlage. Besitze ich hingegen einen Fonds oder einen ETF, habe ich eventuell einen Mitbesitz an eventuell einer Aktie, die ich gerne mag.

Bei physischem Gold gilt das noch in viel stärkerem Maße, bei dem Barren, der in meinem Schließfach liegt, bin ich uneingeschränkter EIGENTÜMER, beim Goldzertifikat hingegen habe ich nur den mittelbaren BESITZ an dem VERSPRECHEN, dass hier tatsächlich ein Gegenwert in Gold irgendwo lagert.

Besitze ich hingegen ein Haus am Tegernsee, wie die Sippe von Don Alphonso, meinem Lieblingsjournalisten bei der Welt, dann kann man mich ohnehin mal kreuzweise. Dann bin ich der King und selbst in Coronazeiten immer im Urlaub.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SECHSTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2020, 621 Seiten, 22 Euro

Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de

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Bernd Niquet und seine Tagebücher: „Der wirkliche Donnerschlag kommt dann mit Verzögerung. Auch braucht mein Inneres einige Zeit, um ihn zu realisieren. Doch als die Dinge dann klar sind und in mir sacken, mache ich etwas, was ich vorher beim Tagebuchschreiben noch niemals gemacht habe. Ich unterstreiche die wichtigen Passagen nicht wie sonst mit meiner blauen Tinte, sondern mit schwarzem Filzstift. Einunddreißig Jahre schreibe ich mittlerweile Tagebuch, das zeigt die Dimension. Hinterher bin ich selbst erschrocken. Das Tagebuch sieht jetzt aus, als sei jemand gestorben. Und in meinem Inneren fühlt es sich auch tatsächlich so an.“

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt in einem ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die vorangegangenen fünf Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2018 und 2019.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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