Von Thomas Grüner
Das verarbeitende Gewerbe blickt auf historisch gute Ergebnisse im Monat Mai zurück. In den USA, Großbritannien und der Eurozone erreichten die jeweiligen Einkaufsmanagerindizes neue Bestmarken. Achtbare Meilensteine, die jedoch keine Aussagekraft für die zukünftige Entwicklung der Aktienmärkte haben. Diese blicken wie immer über Zahlen der Vergangenheit hinweg, welche keine Neuigkeit oder eine wirksame Überraschung mehr darstellen.
Trends beachten
Im Zusammenhang mit diesen Rekordwerten traten einige Themen in den Vordergrund, die von Herstellern in den USA, Großbritannien, der Eurozone und Australien in ähnlicher Weise hervorgehoben wurden. Das Geschäft florierte dank Wiedereröffnungen und einer starken Nachfrage, gleichzeitig ärgerten sich die Unternehmen über Gegenwind, welcher bereits vielfach diskutiert wurde: Lieferverzögerungen, steigende Materialkosten und Kapazitätsengpässe. Generell betrachtet trugen die Mai-Zahlen aber zu einem anhaltenden Trend bei: Die COVID-getriebene Nachfrage nach Waren (und den Komponenten, aus denen sie bestehen) blieben robust, was zu bekannten Engpässen bei Halbleitern, Holz und anderen Materialien geführt hat.
Industrieländer laufen voraus
Dabei gilt es zu beachten, dass dieser Trend schwerpunktmäßig in den Industrieländern vorherrscht. In Schwellenländern, die immer noch mit COVID-Ausbrüchen zu kämpfen haben, sieht es für das verarbeitende Gewerbe nicht ganz so rosig aus. Die Aktivität in den Fabriken Mexikos, Brasiliens und Indiens fiel deutlich geringer aus. Während die Einkaufsmanagerindizes in den USA (62,1), Großbritannien (65,6) und der Eurozone (63,1) also glänzen konnten, hielt sich beispielsweise Indien mit 50,8 gerade noch im expansiven Bereich. Ähnliches gilt auch für China, die zu ihrem längerfristigen Trend moderaten Wachstums zurückgekehrt sind. Dies ist allerdings grundsätzlich positiv zu sehen, da China aus unserer Sicht einmal mehr eine gute „Vorschau“ für den Rest der Welt liefert. Eine Rückkehr zum moderaten Wachstumstempo vor COVID bedeutet eine gesunde Basis für die Fortdauer des Bullenmarkts.
Dienstleistungen im Hintertreffen
Die Einkaufsmanagerindizes für Dienstleistungen waren im Mai nicht ganz so robust wie die des verarbeitenden Gewerbes, was aber angesichts der unverhältnismäßigen Auswirkungen der COVID-Beschränkungen auf den Dienstleistungssektor keine große Überraschung darstellen sollte. Viele Geschäftszweige wurden in sämtlichen COVID-Wellen immer wieder hart getroffen, wohingegen viele Fabriken nur in der ersten COVID-Welle stillgelegt wurden. Dienstleistungen spiegeln aktuell in gewissem Sinne wider, wie es um den COVID-Status der einzelnen Länder oder Regionen bestellt ist. Sobald die zugeordneten Unternehmen von Einschränkungen befreit werden, ist eine Zunahme der Aktivitäten und Bestellungen die Folge. Dies war sowohl für die USA als auch für Großbritannien bereits der Fall, die ihre starken Einkaufsmanagerindex-Werte vor allem auf eine starke Nachfrage durch Wiedereröffnungen und die Einführung von Impfstoffen zurückführten. Eine Entwicklung, die in der Eurozone noch auf sich warten lässt, jedoch ebenfalls bevorsteht.
Fazit: Die Einkaufsmanagerindizes wissen zu überzeugen, dennoch trüben Lieferengpässe und -verzögerungen vereinzelt die Stimmung. Darüber sollten risikobewusste Aktienanleger allerdings nicht zu viele Gedanken verschwenden. Rückwärtsgerichtete Daten und bekannte Problemstellungen haben den Aktienmärkten noch nie die Richtung vorgegeben.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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