03.12.2024 - 21:27 | Lesezeichen | Startseite | Newsletter | Suche | Kontakt | Seite drucken | Sitemap   
 
   

Wo Sie neue
Boom-Börsen finden?!

 

  Geheime Aktien-Gewinnstrategie?!

      Menü

    Home

      Wissen

      Börsen-ABC
      Anlegerrecht


        Twitter & Facebook

        



Anzeige  


 

Suche

 


Kursabfrage

 



 
Kunst im Frühling


 


 

 

 

 

Eine komische Vorstellung von Freiheit

Donnerstag, 11. November 2021 um 08:14

Von Bernd Niquet

Manche Dinge scheinen sich durch das ganze Leben hindurchzuziehen. Ich weiß noch, als ich mit neunzehn Jahren meine Bankausbildung angefangen und dann immer gestaunt habe, wenn Leute extrem fahrlässig mit ihrer Gesundheit umgegangen sind.

Ich weiß nicht mehr was es genau war, im T-Shirt draußen im Winter oder was sonst, doch ich dachte: Sie werden daran selbst sicher keinen Schaden nehmen und jeder ist eigentlich frei in dem, was er tut, doch sie drücken die Kosten ihres Verhaltens anderen auf, den Krankenkassen und dem Arbeitgeber.

Und so geht das ja mit vielen Dingen, da zahlt immer die Versicherung oder Vater Staat. Doch das sind im Endeffekt immer die anderen. Eine komische Vorstellung von Freiheit ist das.

Jetzt ist das natürlich ein großes Thema wie nie. Wir haben eine Pandemie und einen Impfstoff dagegen, doch ein Drittel unserer Bevölkerung verweigert die Impfung. Ich weiß, es gibt Grenzfälle und Leute, die nicht geimpft werden können, doch ein Drittel bleibt ein Drittel.

Ich bin kein Jurist und will auch keiner sein, doch ich sage mir: Warum haben wir eigentlich keine Impfpflicht, wenn wir nur so die Pandemie erfolgreich besiegen können? Wir Bürger sind doch auch sonst vollgestopft mit Pflichten, wir haben die Pflicht, unsere Wohnung anzumelden, unsere Autos auch, wir müssen Steuern zahlen und Krankenkassenbeiträge, und essen müssen wir ja auch.

Andererseits bin ich sehr für die Freiheit. Doch wer frei sein will, muss dann auch frei bleiben. Sich zu verhalten wie ZDF-Böhmermann und den türkischen Präsidenten schmähen, dann aber zu Frau Merkel zu kriechen und „Mutti hilf mir!“ winseln, das geht nicht. Das ist eine komische Vorstellung von Freiheit.

Wenn ich frei sein will, muss ich auch die negativen Folgen der Freiheit tragen, ansonsten ist das Gerede von der Freiheit Unsinn. Mit dem Porsche dreihundert Sachen auf der Autobahn fahren und sich dann auf Kosten der Gesellschaft im Krankenhaus wieder zusammenflicken lassen, geht eigentlich nicht, oder?

Ganz genau wie bei der Pandemie. Wer sich nicht impfen lassen will, okay. Doch derjenige darf dann auf keinen Fall andere infizieren können. Und ich würde ihn auch nicht im Krankenhaus behandeln lassen.

Warum denn? Es war doch seine eigene Wahl. Denn Freiheit bedeutet auch immer Risiko. Freiheit ist die Chance auf Unabhängigkeit, die jedoch damit erkauft wird, abstürzen zu können. Und das eine haben zu wollen, das andere jedoch nicht, das gibt es nur in so komischen Ländern wie unserem. Doch es führt letztlich zur Pleite des Gemeinwesens.

Mich ödet dieses ganze Gelaber von Freiheit daher ungemein an. Wir sind doch sowieso zivilisiert und wie Tanzbären im Zirkus oder das Nilpferd im Zoo. Und das ist ein wunderbares Leben voller Sicherheit.

Natürlich gibt es auch bei uns gewisse Freiheitsgrade. Man muss allerdings klar unterscheiden zwischen der Freiheit von etwas und der Freiheit zu etwas. Ersteres ist im Zuge unseres Wohlstands leicht zu erreichen, doch dann etwas Sinnvolles mit der Zeit anzufangen außer sich im Konsum zu ergehen, ojemine.

Ich schreibe jetzt ja bereits mehr als zehn Jahre lang in meiner Serie „Jenseits des Geldes“ über die Schwierigkeiten, frei zu sein. Und wie die vielen Zwängen, die inneren und äußeren, das Freisein immer wieder torpedieren, es auf der anderen Seite aber auch stabilisieren.

Und ich kann als Resümee nur sagen, ich möchte nicht völlig frei sein, großer Gott, nein. Die Freiheit, mich impfen zu lassen, habe ich mir jedoch genommen. Hier komme ich dann auch wieder auf meinen Kant.

Denn meine eigene Freiheit muss auch immer diejenige der anderen sein. Ansonsten wird das alles nichts.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SIEBENTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2021, 635 Seiten, 22 Euro

Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de

oder bei Amazon


 

In Kleists Drama "Penthesilea" geht es um den Konflikt zwischen einem gefühlsintensiven Individuum und der gesellschaftlichen Ordnung, die diesen Gefühlen entgegensteht. Penthesilea, die Königin der Amazonen, erobert im Kampf Männer, um sie zur Zeugung neuer Kriegerinnen mitzunehmen. Nach vollzogenem Zeugungsakt entlässt sie die Männer wieder in die Freiheit. Nur ihrem Geliebten stellt sie nach, was diesen letztlich sein Leben kostet. Kann es sein, dass ich in meinem Leben mehrmals nur haarscharf an vielem aus dieser Tragödie vorbeigeschrappt bin? Und dann ist ja auch noch Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist nur unweit meiner Wohnung freiwillig aus dem Leben geschieden.

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt am wunderschönen grünen Rand seiner ansonsten mittlerweile ungeliebten Heimat Berlin. Die vorangegangenen sechs Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019 und 2020.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

Anzeige


 


 
 
 
 
 
 
 
       
     


© 1999 - 2023 by instock.de | Mediadaten | Impressum | Datenschutz