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Warum so negativ?

Donnerstag, 17. Februar 2022 um 17:31

Von Thomas Grüner
Das bisherige Börsenjahr 2022 präsentiert sich für Anleger emotional anstrengend. Negative Schlagzeilen dominieren und die erhöhte Marktvolatilität macht es Anlegern oftmals schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren. Zahlreiche Risiken sind allgegenwärtig und belasten die Marktstimmung. An dieser Stelle ist es deshalb ratsam, den vorherrschenden Marktkonsens für verschiedene Themen zu überprüfen.

Geopolitische Belastungen

Der drohende militärische Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist für viele Anleger zum Hauptthema geworden. Es besteht die weitläufige Sorge, dass der regionale Konflikt die europäische Energieversorgung gefährdet, eine regionale Rezession verursacht und genügend Ansteckungseffekte entstehen könnten, um einen globalen Bärenmarkt auszulösen. Gerade wenn in den Medien verstärkt Untergangsszenarien die Runde machen, sollte dieser „Konsens“ kritisch hinterfragt werden.

Denn dass dieser Konflikt negativ auf die Aktienmärkte wirkt, ist unbestritten. Es muss jedoch sorgfältig differenziert werden zwischen dem, was für die Märkte eine negative Überraschung darstellen würde, und was von den Märkten im Rahmen einer verschlechterten Marktstimmung längst eingepreist wurde. Für Anleger zählt nur Letzteres! Die Energiesituation in Europa ist wohlbekannt, eine unkontrollierte militärische Eskalation mit weltweiten Auswirkungen ist unwahrscheinlich. Ein regionaler Konflikt hat nicht die wirtschaftliche Tragweite, um den globalen Bullenmarkt zu beenden.

Inflation und Zinserhöhungen

Die gängige Meinung besteht darin, dass die Inflation nicht nur Konsumenten belastet, sondern auch großflächig die Unternehmensmargen vernichtet, für steigende Zinsen sorgt und damit die Aktienmärkte zum Taumeln bringt. Denn damit verbunden ist der Konsens, dass steigende Zinsen zu einer Abschwächung der Wirtschaft führen und die Anlageklasse Aktien insbesondere darunter leidet. Auch diese Sichtweise sollte kritisch hinterfragt werden.

Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die aktuell erhöhte Inflation kein dauerhaftes Phänomen ist, passend dazu spielt sich die Bewegung der langfristigen Zinsen weiterhin auf einem moderaten Niveau ab. Börsennotierte Unternehmen werden auch nicht unmittelbar von hohen Inflationsraten „hart getroffen“. Gerade diejenigen Unternehmen, die über eine gewisse Preissetzungsmacht verfügen, besitzen die Flexibilität, höhere Inputkosten an die Konsumenten weiterzugeben. Letzten Endes zählt Inflation zu den emotionalen Themen – und die Medien sind geübt darin, mit diesen Emotionen zu spielen. Für langfristig orientierte Aktienanleger sollte unter dem Strich allerdings stehen bleiben, dass die pausenlose Berichterstattung zu einem negativen Marktkonsens geführt hat – der Realität wird es also relativ leichtfallen, diese Erwartungshaltung zu übertreffen.

Fazit: Im Börsenjahr 2022 ist Durchhaltevermögen gefragt – so viel steht bereits nach sechs absolvierten Wochen fest. Immer wenn sich eine Konsensmeinung stark ausprägt, nehmen wir tendenziell gerne einen konträren Blickwinkel ein. Aktuell wird die Marktstimmung von verschiedenen Faktoren belastet, die allesamt mit negativen Auswirkungen für die Wirtschaft behaftet sind. Am Ende zählt aber wie immer das Prinzip „Erwartungshaltung versus Realität“ – und solange sich der Marktkonsens für verschiedene Themen zuverlässig im deutlich negativen Bereich ansiedelt, kann sich der übergeordnete Bullenmarkt weiterhin frei entfalten. Auch wenn gerade in der spätzyklischen Phase eine Menge Geduld gefragt sein wird.

Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.

Thomas Grüner
ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.


Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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