Von Bernd Niquet
Das Schlimmste ist, nichts machen zu können. Zu sehen, wie die Freunde jeden Tag aufs Neue von einem brutalen Killerkommando umgebracht und ihre Häuser und ihr Land zerstört werden, während die eigenen Leute nichts anderes machen als zu versuchen, das Haus des Mörders abzuriegeln.
Ich frage mich, wie ich das aushalten soll? Und Sie? Ich frage mich auch, wie die Moderatorinnen in den Fernsehanstalten das aushalten? In Russland ist das vielleicht sogar einfacher, weil man dort ja keine Bilder sieht. Doch hier jeden Tag dem Morden zuzuschauen und das Tabuwort „Nato-Eingriff“ nicht aussprechen zu dürfen, dazu muss man wirklich eine Hornhaut auf der Seele besitzen.
Wie ist es nur zu dieser Situation gekommen, dass wir unsere Freunde abschlachten lassen ohne selbst einzugreifen? Ich stelle mir das so vor: Da sitzt ein Mann in einem dunklen Raum, der nur durch eine Stehlampe erleuchtet wird, mit Ärmelschoner an den Armen vor dem großen Vereinsregister.
Dann kommt der Generalsekretär in den Raum und spricht den Verteidigungsfall an. Daraufhin schaut der Registerwart in das Vereinsregister, sucht ausführlich und gewissenhaft und sagt dann: „Nein, dieses Land ist nicht Mitglied.“
Erleichtert verlässt der Generalsekretär den Raum. Und der Vereinswart beginnt ein Gespräch mit einem machtlosen Gott. Der sagt: „Warum bist du so hartherzig, Mensch?“ „Weil dieses Land kein Mitglied ist.“
„Aber die Menschen?“
„Auch keine Mitglieder.“
„Können Sie da nichts machen?“
„Nur für Mitglieder.“
„Ist das nicht egal, ob mit oder ohne Glied? Sie haben doch Eier.“
„Sie stehen aber nicht in der Mitgliederliste.“
„Bei Mitgliedern wäre es also anderes?“
„Ja völlig anders.“
„Dieses Land wollte doch aber Mitglied werden.“
„Ja, das kann sein, aber wir haben es abgelehnt.“
„Warum?“
„Weil wir den Teufel nicht wütend machen wollten.“
„Aber jetzt ist der Teufel doch wütend!“
„Ja, aber das Land ist nicht Mitglied.“
Ich vermute, dieser Dialog wird ebenso noch anhalten wie die ergebnislosen Friedensgespräche. Und ich bin mir ganz sicher, dass das auch noch so weitergeht. Denn bisher gibt es ja nur 2,5 Millionen Flüchtlinge, dadurch wird der Westen noch nicht destabilisiert, was ja auch ein Kriegsziel des Teufels ist. Bei 12,5 Millionen sieht es bestimmt anders aus.
Doch vielleicht ändert sich jetzt ja doch noch etwas. Die von Jaroslaw Kaczyński angedachte nicht unbewaffnete Friedensmission könnte vielleicht Bewegung in die Nato bringen.
Da müssen also erst die mutigen und so oft verunglimpften Politiker aus Osteuropa kommen. Wie schön, dass wir sie haben, diese Menschen mit Rückgrat.
Im Westen kann man ja nie etwas anderes tun als immer nur das kreditfinanzierte Geld von anderen ausgeben.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SIEBENTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2021, 635 Seiten, 22 Euro
Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de
oder bei Amazon
In Kleists Drama "Penthesilea" geht es um den Konflikt zwischen einem gefühlsintensiven Individuum und der gesellschaftlichen Ordnung, die diesen Gefühlen entgegensteht. Penthesilea, die Königin der Amazonen, erobert im Kampf Männer, um sie zur Zeugung neuer Kriegerinnen mitzunehmen. Nach vollzogenem Zeugungsakt entlässt sie die Männer wieder in die Freiheit. Nur ihrem Geliebten stellt sie nach, was diesen letztlich sein Leben kostet. Kann es sein, dass ich in meinem Leben mehrmals nur haarscharf an vielem aus dieser Tragödie vorbeigeschrappt bin? Und dann ist ja auch noch Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist nur unweit meiner Wohnung freiwillig aus dem Leben geschieden.
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt am wunderschönen grünen Rand seiner ansonsten mittlerweile ungeliebten Heimat Berlin. Die vorangegangenen sechs Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019 und 2020.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.