Von Bernd Niquet
Was ist das Schlimmste, was einem Deutschen derzeit passieren kann? Ich denke, es sind zwei Sachen: Einmal, dass die Hand nicht mehr vom Asphalt abgeht, und das andere Mal, für die eigene Courage eine gelbe Karte zu bekommen.
Daran sieht man, wie gut es uns doch in Wirklichkeit geht. Echte Probleme haben wir nicht, jedenfalls noch nicht.
Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich bei einer Fußball-Weltmeisterschaft in der ersten Woche nicht eine Sekunde den Fernseher eingeschaltet und trotzdem habe ich noch niemals so viel gelernt wie bei dieser WM.
Ich glaube, wer in der vergangenen Woche aufmerksam die Nachrichten verfolgt hat, weiß jetzt, wie Diktaturen funktionieren. Es ist zwar nur ein harmloses kleines Modell, an dem man das erfahren konnte, dafür befindet sich dieses Modell direkt mitten im Interessenbereich von sehr vielen Menschen.
Denn normalerweise verzieht man ja nur den Mund beim Begriff „Diktatur“, es sei denn, man kommt aus dem Osten. Doch die im Westen Großgewordenen haben von so etwas ja komplett keine Ahnung.
Ich rate daher allen jungen Menschen, sich das noch einmal genau vor Augen zu führen, was da in der vergangenen Woche um den Deutschen Fußballbund herum passiert ist. Denn welche Beziehung kann man schon heute zu Juden aus den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben? Keine. Doch an Manuel Neuer oder Oliver Bierhoff, da sind viele sehr nah dran.
Und es hat sich gezeigt, dass es zwar wundervoll ist, wenn unsere Leute – und mit Ihnen auch andere EU-Fußballer und Verbände – sich für das Gute einsetzen. Doch dann haben plötzlich alle, als sie damit konfrontiert wurden, dadurch persönliche Nachteile haben zu können, alle ihre ansonsten so langen Schwänze eingezogen und gekniffen.
Soo wichtig war das dann mit der Freiheit der anderen wohl auch nicht, dass man sich dadurch in Gefahr begeben hätte, selbst Einbußen verzeichnen zu müssen.
Am besten wäre es wohl, der Staat würde bei uns nicht nur Gaspreise garantieren, sondern auch die Kosten übernehmen, wenn ein Bürger einmal Courage zeigen sollte.
Oder man hätte das mit den Binden gleich den Frauen überlassen sollen.
Wie mutig sind gegen diese laschen Europäer die Iraner gewesen. Die haben sich etwas getraut. Aber die müssen sich ja auch etwas trauen, während bei uns niemand mehr etwas muss. Denn Vater Staat beschützt ihn und bläst ihm gleichzeitig noch das Gewünschte auf der anderen Seite des eingezogenen Schwanzes gerne hinein.
Der Kampf für die Freiheit ist bei uns zu so etwas wie dem Vordrängeln an der Supermarktkasse geworden. Mehr ist es nicht.
Und noch bezeichnender ist wohl die Reaktion der Medien. Ich habe ja kein Fernsehen geschaut, doch ein Freund hat mir erzählt, dort sei man überall total entsetzt gewesen, doch kurz danach dann wieder ganz normal zur Tagesordnung übergegangen.
Europa hat sich offenbart und die Welt konnte sehen, was für Luschen wir sind. Und die Japaner haben uns gleich zweifach deklassiert, indem deren Fans nämlich im Anschluss an den Sieg ihrer Mannschaft auch noch ihren Müll im Stadion weggeräumt haben. Und den der Deutschen ebenfalls.
Wir sollten wirklich nicht denken, dass wir der Nabel der Welt sind. Wir haben wirklich nichts mehr zu bieten, nicht auf dem Feld und nicht außerhalb des Feldes.
Als der „Smart Investor“ in seiner Septemberausgabe für den Euro ein neues historisches Tief prognostiziert hat, in einem Bereich von nur noch 50 US-Cents für einen Euro, habe ich gelacht.
Mittlerweile lache ich jedoch an jedem Tag weniger.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. ACHTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2022, 632 Seiten, 23,50 Euro
Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de
oder bei Amazon
Kann man eigentlich durch einen Wohnungsumzug jünger werden? Vielleicht. Und gibt es so etwas wie einen Sinn des eigenen Lebens? Oder Dinge, die die Seele noch vor dem Tod zu erledigen hat? Schon schwieriger. Dabei hatte Goethe doch bereits den Chor der Engel singen lassen, dass derjenige, der sich immer strebend bemüht, erlöst werden kann. Die wichtigste Frage im Leben lautet dann aber wohl doch, was denn nun erfolgreicher weiterhilft, die eigene Intuition oder wissenschaftliche Erkenntnisse?
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die vorangegangenen sieben Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020 und 2021.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.