Von Bernd Niquet
Lange waren bei uns die Theater geschlossen und wegen Corona sogar Freiluftveranstaltungen verboten. Doch jetzt sind wir alle mächtig entschädigt worden, denn die größte Theateraufführung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hatte wirklich für jeden etwas dabei.
25 Hauptdarsteller, alles alte Männer, und 3.000 Komparsen, alles junge Männer. Was für ein Generationenkonflikt, der hier durchgespielt worden ist. Und im Mittelpunkt: ein paar Dosen Ravioli, ein Tresorschlüssel und eine Pistole. Ja, tatsächlich eine ganze Pistole.
„Und wenn sie mit Armbrüsten angegriffen werden, können sie doch mit dem Trojanischen Pferd antworten“, sagte ich meinem Nachbarn. „Aber genau das machen die doch gerade“, meinte er daraufhin. Da ging mir ein Adventslicht auf.
Hinterher stellte sich dann heraus, dass wohl doch noch mehr Schusswaffen bei der Aufführung dabei gewesen sind. Die schwarzen Männer haben nämlich welche gefunden. Und ich hörte: „Ich richte meine Waffel auf Sie!“
Es gab allerdings auch sogenannte Waffenscheine, das muss jedoch irgendetwas Schlechtes sein, was bald verboten werden soll. So wie das Papiergeld oder so. Und da waren auch noch Waffen aus einem Waffengeschäft. Doch das wäre normal, hat meine Recherche ergeben. Das sei wie im Milchgeschäft, wo es auch Milch gäbe. Man lernt doch immer noch dazu.
Doch wo sind in der ganzen Geschichte nun die Frauen, fragt man jetzt natürlich. Was für eine Diskriminierung. Und das in den heutigen Zeit:innen. Einzig die Suppige, sie erschien auf der Bühne und erklärte uns die neuen Regeln. Doch man konnte das alles nur schwer erkennen. Sie sprach auch immer so undeutlich.
Es war auch nicht klar erkennbar, ob das mit der Schubumkehr nun ernst gemeint war oder nur ein Scherz.
Ein paar Frauen gab es dann allerdings doch. Am besten gefallen hat mir die Szene, als die Putzfrau mit dem Sprachfehler gesagt hat: „Ich putsche hier.“ Und plötzlich hat sich, Simsalabim, die Tür geöffnet und sie war drin.
Die Hexenprozesse fand ich hingegen widerlich. Wir sind doch nicht mehr im Mittelalter. „Du bist eine Hexe“, sagt der Mann mit dem Schürhaken. „Nein, bin ich nicht“, stammelte die arme Frau. Daraufhin kam dann die Suppige mit der Fackel in der Hand und sagte: „Beweise es!“ Und lachte danach ganz schäbig.
Das alles soll ja gemacht worden sein, hat mir mein Sitznachbar erzählt, um diese komische blaue Partei zu verbieten. Denn es sei ja heute wie bei Hitler, nur eben seitenverkehrt, und die Maskenbildner hätten ohnehin geschlampt, weil sie den Linksfaschisten nicht ihre Hitlerbärtchen angeklebt hätten.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das nicht verstanden habe. Es soll wohl an den Beweisen liegen, meinte darauf mein Sitznachbar, denn weil man keine Beweise habe, müsste man sich jetzt eben welche konstruieren.
„Und deswegen die Raviolidosen“, habe ich gefragt. „Genau, jetzt fangen Sie an zu begreifen“, sagt der daraufhin. Leider hat er sich damit jedoch geirrt.
Manche Sachen machen dann aber doch auch für mich noch einigen Sinn. Zum Beispiel, dass man das Vorhaben, in jedem Jahr eine bestimmte Anzahl von Sozialwohnungen zu bauen, jetzt anscheinend aufgegeben hat. Ist ja auch logisch, denn nur so kann man im Fünfjahresplan genug Baumaterialien umschichten zum Bau von mehr Untersuchungsgefängnissen.
Denn wenn in der Zukunft in der Nacht immer die dunkel gekleideten Männer mit ihrem Kopf Klopf Klopf vor der Haustür stehen sollen, dann müssen wir Deutschen auch die Konsequenzen daraus mit der notwendigen deutschen Gründlichkeit erledigen.
Das Einzige, was mir dabei Sorge macht, ist, dass irgendwann unsere Journalisten bestimmt allesamt krank im Bett liegen, wenn sie nämlich auch weiterhin stets selbst bei heftigen Minusgraden vorher informiert werden und dann bei den Einsätzen der Menschenfänger vollzählig wie beim Appell in der Armee anwesend sein müssen.
Die Chinesen haben es da viel leichter, weil es dort nämlich viel wärmer ist. Doch Germania tristes est.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. ACHTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2022, 632 Seiten, 23,50 Euro
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Kann man eigentlich durch einen Wohnungsumzug jünger werden? Vielleicht. Und gibt es so etwas wie einen Sinn des eigenen Lebens? Oder Dinge, die die Seele noch vor dem Tod zu erledigen hat? Schon schwieriger. Dabei hatte Goethe doch bereits den Chor der Engel singen lassen, dass derjenige, der sich immer strebend bemüht, erlöst werden kann. Die wichtigste Frage im Leben lautet dann aber wohl doch, was denn nun erfolgreicher weiterhilft, die eigene Intuition oder wissenschaftliche Erkenntnisse?
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die vorangegangenen sieben Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020 und 2021.
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