Von Thomas Grüner
Mit einer wachsenden Anzahl von Umweltkatastrophen rund um den Globus, bei denen viele Menschenleben bedroht sind und Sachschäden entstehen, tauchen mittlerweile immer häufiger Investmentgeschichten in den Finanzmedien auf, welche vermeintlich „sichere Geldanlagen“ in Frage stellen. Waldbrände in Maui oder Hitzewellen in Spanien, Portugal und Frankreich sorgen für eine neue Situation. Vermehrt werden auch defensive Sektoren am Aktienmarkt in Frage gestellt. Ist Sicherheit in der Geldanlage nicht mehr existent?
Defensive Geldanlagen sind nicht „sicher“
Sicherheit in der Geldanlage ist ein nicht vorhandenes Gut. Risiken können variieren, doch sind sie omnipräsent. Bestimmte Sektoren am Aktienmarkt verhalten sich traditionell defensiv und sind somit unabhängiger von den Hoch- und Tiefpunkten der Wirtschaft. Menschen machen auch in schwierigen Zeiten Licht und Heizung an, was den Versorgern schwankungsarme Erträge verspricht. Somit entsteht in guten Zeiten häufig eine Underperformance und in schlechten Zeiten eine Outperfomance gegenüber dem breiten Markt. Diese Entwicklung ist nicht narrensicher, stellt aber einen guten Indikator für Marktphasen dar. „Defensiv“ meint in diesem Zusammenhang jedoch nicht sicher, sondern eher antizyklisch.
Fehlerhafte Nutzungsformen
Der Begriff „sicher“ wird von Fachleuten oft als falsches Synonym verwendet, was dazu führen kann, dass vergessen wird, dass Versorgungsunternehmen ebenfalls geschäftlichen Risiken ausgesetzt sind. Der größte kalifornische Stromversorger PG&E bewies dies 2018, als die Behörden seine Stromleitungen für die Brände in Paradise verantwortlich machten, was zum Konkurs des Unternehmens beitrug. Jetzt scheinen die Anleger ein ähnliches Ergebnis für Hawaiian Electric einzupreisen, da das Unternehmen für den Beitrag seiner Stromleitungen und Verfahren zu der Tragödie bestraft werden könnte. Die Eigenschaften des Sektors haben sich jedoch nicht verändert.
Sichere Anlageformen in der Perspektive
Wann immer Sie eine als „sicher“ bezeichnete Anlage sehen, sollten Sie sich informieren. Stellen Sie Fragen. Stellen Sie Nachforschungen an. Denn „sicher“ gibt es nicht. Die überwiegende Mehrheit der Anleger hält US-Staatsanleihen für sicher, dennoch unterliegen sie dem Zinsrisiko, dem Inflationsrisiko und anderen Faktoren, die zur Volatilität beitragen. Vor 2008 hatten Bankaktien den Ruf, schwerfällige Werte mit sicheren, hohen Dividenden zu sein. Aus heutiger Sicht – und nach der globalen Finanzkrise 2008/09 – hört sich das fast nach einem Witz an. Wären Geldmarktfonds wirklich „sicher“, würden die Aufsichtsbehörden nicht verzweifelt versuchen, in Zeiten von Marktstress einen Ansturm auf diese Fonds zu verhindern. Selbst wenn einige Versorgeraktien nicht wertlos werden, kann der Besitz vieler defensiver Aktien in einem Bullenmarkt enorme Opportunitätskosten mit sich bringen – ein sehr reales Risiko, das viele außer Acht lassen.
Fazit: Jede Investition birgt Risiken. Diese sind unvermeidlich. Der Schlüssel liegt darin, diese Risiken zu erkennen und sie gegen die potentiellen Vorteile abzuwägen. Bei Bargeld handelt es sich in der Regel um einen Kompromiss zwischen Liquidität und Stabilität und den Risiken einer Inflation, die die Kaufkraft aufzehrt. Bei Aktien insgesamt geht es im Allgemeinen um ein Gleichgewicht zwischen kurzfristiger Volatilität und erwarteter langfristiger Rendite. Und bei einzelnen Aktien geht es darum, die spezifischen Risiken und Chancen der einzelnen Branchen und Sektoren zu erkennen und nicht einfach Binsenweisheiten für bare Münze zu nehmen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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