Von Thomas Grüner
Als der Goldpreis im Mai 2023 kurz davorstand, seine Rekordmarke in US-Dollar zu knacken, war das gelbe Edelmetall in aller Munde. Zahlreiche Experten priesen einmal mehr die Fähigkeit von Gold an, eine wirkungsvolle Absicherung gegen alle möglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme darzustellen. Es ist ganz normal, dass die „Vorzüge“ von Gold in den Medien genau dann umfangreich thematisiert werden, nachdem der Goldpreis eine Phase mit relativer Stärke absolviert hat. Ebenso schnell kehrt allerdings auch wieder Ruhe ein, wenn Gold eben doch keine nachhaltige Rekordjagd eröffnet und der Goldpreis wieder fällt. So geschehen in den vergangenen Monaten, mittlerweile ist der aktuelle Kurs in US-Dollar wieder mehr als zehn Prozent vom Zwischenhoch dieses Jahres entfernt. Diesen Moment der Ruhe gilt es zu nutzen, um sich klarzumachen, dass Gold nichts Besonderes ist – nur ein Rohstoff, der Schwankungen unterliegt und dabei stark von der Marktstimmung beeinflusst wird.
Stimmung entscheidend
Wie alle Rohstoffpreise bewegt sich der Goldpreis aufgrund von Angebot und Nachfrage. Auf der Angebotsseite verlaufen die Veränderungen bei Gold eher schleppend: Neue Minen erfordern viel Vorarbeit und Investitionen, so dass die neue Produktion nur langsam anläuft. Wenn die Minen erst einmal in Betrieb sind, werden die Produzenten ihre Produktion selbst bei fallenden Preisen nur ungern zurückfahren – da sie die hohen Explorations- und Abbaukosten wieder hereinholen müssen, ganz zu schweigen von den teuren laufenden Wartungsarbeiten. Das Angebot reagiert also tendenziell langsam auf Preisbewegungen und die reale Nachfrage ist begrenzt. Es gibt nur wenige industrielle Verwendungszwecke für Gold, lediglich die Schmuckherstellung übt einen nennenswerten Einfluss auf die physische Verwendung aus. Somit wird die Anlegerstimmung zum gewichtigen Einflussfaktor für die Preisbildung.
Viele Höhen und Tiefen
Von der Stimmung getrieben hat der Goldpreis in der Historie einige erstaunliche Höhenflüge und harte Durststrecken erlebt. Zwischen August 1976 und Januar 1980 erlebte Gold einen gewaltigen Anstieg um 721 Prozent in US-Dollar – um dann bis Ende Mai 1985 fast zwei Drittel zu seinem Spitzenwert zu verlieren. Es dauerte bis ins neue Jahrtausend hinein, um das vorangegangene Hoch des Jahres 1980 nachhaltig zu überflügeln. Im neuen Jahrtausend erarbeitete sich Gold einen guten Ruf, als der Goldpreis angesichts der „ausufernden Schuldenkrise“ bis in den Bereich von 1.900 US-Dollar pro Feinunze im September 2011 anstieg. Weniger ruhmreich gestaltete sich der anschließende Rückgang um 44,6 Prozent bis Mitte Dezember 2015. Insgesamt lässt sich feststellen: Gold hat in der gesamten Historie durchaus Chancen zu dynamischen Kursgewinnen angeboten – allerdings waren diese Chancen in hohem Maße an „geglücktes Timing“ gebunden, gerade in den außerordentlich langwierigen Seitwärtsphasen.
Fazit: Für Anleger, die langfristiges Wachstum für ihren Ruhestand anstreben, sind „wiederholbare Renditen“ ein wichtiges Kriterium. Gold macht es den Anlegern hierbei nicht einfacher, sondern tendenziell sogar schwerer – der Goldpreis entwickelt sich volatiler als der Aktienmarkt, die langfristigen historischen Renditen sind geringer, ein wirksamer Schutz vor Inflation oder Bärenmärkten ist nicht vorhanden. Gerade wenn es also um das Erreichen langfristiger Anlageziele geht, gelingt dies aus unserer Sicht mit Anlageklassen besser, die stärker an die fundamentalen Bedingungen der realen Welt gebunden sind – wie Aktien und Anleihen. Investieren zu beachten: Kurzfristige Garantien gibt es dafür nicht.
Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.
Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.