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Unbemerkte Erholung der Anleihen

Freitag, 5. Januar 2024 um 06:40

Von Thomas Grüner
Aktuell ziehen die Aktienmärkte die Aufmerksamkeit vieler Anleger auf sich, doch auch die Anleihemärkte haben zurückliegend eine spürbare Erholungsbewegung durchlaufen. Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und hochverzinsliche Anleihen haben in den USA seit ihren Zwischentiefs im Oktober 2023 ein zweistelliges Kursplus verzeichnet. Wichtiger als der Blick in den Rückspiegel ist allerdings die Aussage: Selbst wenn die Kurse der Anleihen von nun an nicht mehr steigen, können sie für viele Anleger eine wichtige Rolle im Portfolio spielen.

Anleihen können helfen

Die Rolle der Anleihen in einem Portfolio hängt nicht von einer negativen Korrelation zu Aktien ab. Ihr Zweck besteht also nicht darin, eine perfekte „Absicherung“ für die Volatilität der Aktien darzustellen. Vielmehr sollen sie das Ausmaß der erwarteten Zickzackbewegungen in den meisten Fällen verringern und so langfristig einen gleichmäßigeren Kursverlauf ermöglichen. Diese geringeren Schwankungen gehen mit niedrigeren langfristigen Renditen einher als bei einem reinen Aktienportfolio, aber für Anleger, die auf höhere Cashflows angewiesen sind, sind die milderen Schwankungen in der Regel die Opportunitätskosten wert. Denn in den meisten Fällen verringert der mildere Schwankungsverlauf das Risiko, dass das Geld zu früh ausgeht – wenn in Abwärtsmärkten zu ungünstigen Zeitpunkten Geld entnommen werden muss.

Ohne Volatilität geht es nicht

Nur weil die Schwankungsbreite der Anleihen geringer ist als bei Aktien, fühlt sich der „glattere“ Weg nicht immer gut an. Auch Anleihen unterliegen einer gewissen Volatilität, die Stimmung kann negativ überschießen und Bärenmärkte treten auf. Aber wie bei Aktien enden auch diese Bärenmärkte und es kommt in der Regel zu einer dynamischen Erholungsbewegung. Anleihekäufer, die sich in kritischen Phasen auf ihre übergeordnete Zielsetzung fokussieren und sich nicht aus dem Markt drängen lassen, profitieren von dieser Erholung. Im Grunde genommen ist die Herausforderung für Anleger also dieselbe wie bei einem reinen Aktienportfolio: einen kühlen Kopf bewahren und nicht emotional auf vorübergehende Rückgänge reagieren. Wer den Markt in Abwärtsphasen verlässt, wandelt die Rückgänge in tatsächliche Portfolioverluste um und verhindert letztendlich, dass sich typische Erholungsbewegungen im eigenen Portfolio entfalten können. Tendenziell geraten dadurch auch die langfristigen, individuellen Anlageziele in Gefahr.

Obwohl wir noch nicht sagen können, dass wir uns in einem neuen Bullenmarkt für Anleihen befinden, sind die vergangenen zwei Monate eine deutliche Erinnerung daran, dass auch Anleihen einen V-förmigen Aufschwung erleben können, der dazu beiträgt, dass ein gemischtes Portfolio vielen Anlegern zur langfristigen Zielerreichung verhelfen kann. Gleichzeitig sollte eine vernünftige Erwartungshaltung bezüglich Anleihen im Vordergrund stehen – in Bezug auf die langfristigen Renditechancen sind Aktienmärkte deutlich im Vorteil.

Fazit: Anleihen sind nicht dazu da, um die Rendite zu maximieren, sondern um die Wahrscheinlichkeit eines gleichmäßigeren Verlaufs über den gesamten Anlagehorizont zu erhöhen. Sie können somit hilfreich sein, um Cashflows zu stützen oder sind geeignet für Anleger, die mit den höheren Schwankungsbreiten eines reinen Aktienportfolios nicht einverstanden sind. Gelegentlich auftretende Bärenmärkte sollten diese grundlegende Betrachtungsweise zur optimalen Anlageklassenverteilung nicht über den Haufen werfen – sowohl für Aktien als auch für Anleihen.

Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.

Thomas Grüner
ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.


Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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