Von Thomas Grüner
Spannende Januarwochen im jungen Börsenjahr 2015: Der Dollar wird nochmals stärker, die Ölpreise fallen weiter und die Zinsen erreichen neue Rekordtiefs. Doch in den Fokus rückte die kleine Alpenrepublik: Die Schweizer Nationalbank SNB sorgt für einen Paukenschlag und gibt den Mindestkurs des Schweizer Franken ersatzlos frei. Der Schweizer Aktienindex SMI knickt ein, das Währungspaar Euro/Franken pendelt sich nach heftigen Kursausschlägen letztendlich im Bereich der Parität ein. Ein wilder Ritt ins neue Jahr!
Die Beantwortung der Frage „Welche weiteren Überraschungen erwarten uns im Jahr 2015?“ gestaltet sich zweifellos schwierig. Frei nach Wilhelm Busch: „Stets findet Überraschung statt, wo man's nicht erwartet hat.“ Der kurzfristige Einfluss auf die Marktentwicklung ist dabei umso stärker, je größer der Überraschungseffekt ist – mit der Maßnahme der SNB beispielsweise hat in dieser Form schlicht und einfach niemand gerechnet.
Ukraine-Krise
Das laufende Börsenjahr ist noch jung, dennoch lässt sich bereits wieder feststellen: Die Ereignisse, die letztendlich relevant für die Marktentwicklung sind, finden sich kaum oder überhaupt nicht in der Liste der vermeintlichen Risiken für das Jahr 2015 wieder. In den Vorjahren dasselbe Bild: Der Konflikt in der Ukraine war definitiv ein Faktor, der die Entwicklung im Jahr 2014 geprägt hat – doch nicht ein einziger Analyst hatte dieses Thema im Januar 2014 auf der Agenda.
Vielmehr werden die Risiken der jüngsten Vergangenheit oftmals pauschal zu den Risiken der Zukunft erklärt: In der von Grüner Fisher Investments durchgeführten Umfrage wurde die Ukraine-Krise von mehr als der Hälfte der Teilnehmer als Risikofaktor für 2015 genannt. Das negative Überraschungspotential ist damit zum Großteil aufgebraucht – sollten sich tatsächlich weitere Verwerfungen ergeben, hätten diese Ereignisse das Prädikat „Überraschung“ auch gar nicht mehr verdient.
Mario Draghi spricht
Ist Griechenland nach jahrelangen Querelen letztlich doch nicht mehr in der Eurozone zu halten? Das sind erst die Sorgen von morgen: Zuvor spricht Mario Draghi über das geplante QE-Programm der EZB. Es ist fast schon eine gewisse Vorfreude zu erkennen, ob das „Beruhigungsmittel“ für die Märkte tatsächlich so kommt wie erwartet. Der erkaufte Aufschwung! Mit einem pessimistischen Blick in die Zukunft: Was passiert, wenn die Märkte wieder komplett ohne „Unterstützung“ der Zentralbank auskommen müssen?
Es droht eine gewaltige Fehleinschätzung: Schauen Sie in die USA! Auch wenn die FED nicht die EZB ist, so sind einige wertvolle Erkenntnisse verfügbar: QE hat die Wirtschaft in den USA keinesfalls beflügelt! Erst durch die Rückführung der Anleihekäufe („Tapering“) kam der Schwung in die US-Konjunktur zurück. Mittlerweile kauft die FED gar keine Staatsanleihen mehr und die USA stehen ohne Zweifel blendend da. Zugpferd des laufenden Bullenmarkts! Wenn Mario Draghi ans Mikrofon tritt und das QE-Programm verkündet, sollte man sich die Geschichte der FED in Erinnerung rufen, um zahlreiche zukünftige Fehleinschätzungen zu vermeiden.
Fazit: Wenn es darum geht, wirtschaftlich relevante Themen zu antizipieren, verfügen die Märkte natürlicherweise über einen gesunden Vorsprung gegenüber den Medien. Die mehrheitlich erwarteten Risiken für 2015 werden nur einen begrenzten Einfluss entfalten können! Auf dem Weg nach oben wird der Bullenmarkt noch so manchen Stolperstein aus dem Weg räumen müssen. Gefährlich sind dabei allerdings nur die Steine, die unverhofft vom Himmel fallen – nicht jene, die teilweise schon seit Jahren herumliegen.
Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.
Thomas Grüner ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.