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Rekorde und niemand feiert

Donnerstag, 19. Februar 2015 um 08:59

Von Thomas Grüner
Zu Beginn des Jahres 2013 scheuten sich viele deutsche Anleger vor Investitionen in den Aktienmarkt: Zu groß war der Respekt vor der ominösen Dax-Hürde bei 8.000 Punkten. Diese konnte allen Sorgen zum Trotz zügig und nachhaltig übertroffen werden: Bereits zum Jahresende 2013 notierte der Dax bei 9.552 Punkten. Im Jahr 2014 „kämpfte“ der Dax mit der Marke von 10.000 Punkten. Neue Hürde, neuer Argwohn. Jetzt einsteigen, nachdem der Markt so gut gelaufen ist? Lieber die kräftige Korrektur abwarten, die „mit Sicherheit“ kommt.

In 2015 dann der unmittelbare Fehlstart! Die Angst ging schnell wieder um. Bereits am zweiten Handelstag des Jahres rutschte der Dax unter 9.500 Punkte. Es folgte jedoch eine beeindruckende Rallye: Nur vier Wochen später knackte der deutsche Leitindex bereits die Marke von 11.000 Punkten. Nicht die Korrektur, die Anleger „erhofft“ hatten! Enorme Beträge stehen weiterhin an der Seitenlinie und warten auf den Tag X. Wann kommt er denn nun, der günstige Einstiegszeitpunkt?

Gewöhnungseffekt

Zwei Tausenderhürden im Dax innerhalb eines Monats spielend überwunden! Der US-Aktienindex S&P 500 überschreitet die Marke von 2.100 Punkten: Allzeithoch! Selbst der Technologie-Index Nasdaq wird im Jahr 2015 aller Voraussicht nach das Hoch aus dem Jahr 2000 übertreffen. Die Sensationsmeldungen bleiben jedoch weitgehend aus. Kaum jemand freut sich darüber. Kaum jemand ist dabei. Die Krisen in der Ukraine und Griechenland stehen dagegen im Fokus. Für den fortgesetzten Bullenmarkt nützlich: Die Mauer der Angst bleibt hoch genug. Die Kletterpartie kann weitergehen.

Lernen Sie, Ihre Höhenangst zu lieben! Diese wird durch neue Bestmarken verursacht! Neue Rekordstände sind Teil eines jeden Bullenmarkts und treten in enormer Häufigkeit auf: Ein gewisser Gewöhnungseffekt stellt sich ein. Der Dow Jones erreicht 18.000 Punkte, der MDax 19.000 Punkte – gleichgültig. Prozentual betrachtet muss sich der Index nun mal bei jeder weiteren Hürde weniger anstrengen. 1.000 Punkte Zuwachs im MDax sind mittlerweile nur noch gut 5 Prozent – dafür genügen wenige Handelstage. Was am Ende für den Anlageerfolg zählt, ist die richtige Interpretation dieser Indexbewegungen.

Risikokontrolle mal anders

Sind alle Sorgen über Bord geworfen und die finale Phase der Euphorie ist nahe? Keineswegs! Abgesehen davon, dass das „Krisenpotential“ noch immer mehr als reichhaltig angesehen wird, ist vor allem eine einseitige Interpretation der neuen Höchststände zu beobachten: Je höher der Indexstand, desto größer das scheinbare Risiko! Die Fallhöhe steigt in immer gefährlicher werdende Dimensionen!

Zeit für eine alternative Betrachtungsweise: Neue Höchststände erhöhen die Sicherheit! Sie schaffen ein „Sicherheitspolster“, das den Anleger vor sich selbst schützen kann: Vor unüberlegten, durch Emotionen gesteuerte Eingriffe in die übergeordnete Strategie. Fakt ist nun mal, dass der langfristige Anlageerfolg am Aktienmarkt durch eine geduldige und emotionslose Strategie erreicht wird.

Fazit: Sind neue Höchststände gefährlich? Nein! Sie sind der Beleg für einen intakten Bullenmarkt und sollten viel eher als „Sicherheitspolster“ gegen aufkommende Volatilität interpretiert werden. Der intakte Bullenmarkt produziert in seinem gesamten Verlauf neue Rekordmarken am laufenden Band. Ihre Bedeutung sollte nicht überbewertet werden – vor allem da sie keinerlei Aussagekraft über die zukünftige Wertentwicklung besitzen. Dennoch haben sie eine weitaus positivere Interpretation verdient, als sie von Medien und Anlegern seit jeher erfahren.

Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.

Thomas Grüner
ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.


Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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