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Was jetzt NICHT passiert

Donnerstag, 11. Juni 2020 um 10:21

Von Bernd Niquet

Ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung habe, was in der nächsten Zeit mit den Aktien passieren wird. Werden wir noch ein neues Hoch erleben oder kommt die herbe Korrektur? Ich halte es daher mit dem MADchester-Ökonomen und sage: I dunno.

Manchmal bringt es allerdings schon eine ganze Menge, wenn man weiß, was NICHT passieren wird. Das gibt Sicherheit, vor allem auf die mittlere und längere Sicht, manchmal aber auch für den Moment.

Auf zwei Dinge will ich hier eingehen, das erste ist eine rein logische Überlegung, das zweite hingegen theoretisch.

(1) Das Standardargument, warum die Kurse an der Börse jetzt steigen, ist, dass das zusätzliche Geld, dass die Notenbanken durch den Ankauf von Anleihen in den Kreislauf geben, in den Aktienmarkt fließt.

Obwohl diese Vorstellung eigentlich komplett falsch ist, weil kein Geld in Aktienmärkte fließen kann, ist da doch etwas Wahres dran. Denn das neue Geld SUCHT natürlich Anlage.

Doch in dem selben Moment, in dem das neue Geld Anlage gefunden hat, ist jetzt das alte Geld, das vorher in Aktien gebunden war, frei. Das heißt: Dieser Prozess baut sich NIEMALS ab. Das ist wie ein Krug, aus dem man unbegrenzt schöpfen kann.

Nehmen Sie nur die vielen Meldungen, dass große Fonds unterinvestiert seien und händeringend nach einer Anlagegelegenheit suchen würden. Doch in dem Moment, in dem sie diese gefunden haben, sind plötzlich andere große Fonds genau in dem selben Anlagenotstand wie vorher die anderen großen Fonds. Es hat sich also nichts geändert.

Die Argumentation mit dem Geld, das an Anlagemärkte fließt, ist daher sinnlos. Sie erklärt alles und nichts und ist damit unbrauchbar. Sie hat in etwa den gleichen Erklärungscharakter wie die medizinische Theorie der Vergangenheit, einen Patienten zur Ader zu lassen. Denn damit heilst du kein Corona.

(2) Als wir in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit großen Inflationsphänomenen zu tun hatten, kam die Theorie auf, dass Inflationen monetäre Phänomene sind und dass sie auf zu viel Geld beruhen.

Ich habe lange darüber gearbeitet und sage bereits seit dreißig Jahren, dass das Unsinn ist. Inflationen sind realwirtschaftliche Phänomene und hängen in der Hauptsache an den Lohnentwicklungen. Das heißt, so lange die internationale Konkurrenz bei der Arbeit so groß ist, dass die Löhne nicht signifikant steigen, wird es keine Inflation in der Lebenshaltung geben.

Daran muss ich immer denken, wenn ich die gegenwärtigen Unruhen in den USA und die Proteste weltweit sehe. Natürlich ist es ein Skandal und dringend reformbedürftig, wie die Schwarzen in den USA behandelt werden, doch wenn wir ehrlich sind, müssen wir auch zugeben, dass es gegenüber der Situation in den afrikanischen Kobaltminen oder der fernöstlichen Textilindustrie sicherlich königlich ist, selbst als Diskriminierter in den USA zu leben.

Schließlich basiert unser Wohlstand und unsere Stabilität zum großen Teil darauf, die Menschen in den unterentwickelten Ländern nicht hochkommen zu lassen. Je mehr wir von ihnen versklaven, umso besser läuft unsere Wirtschaft. Und je geringer ihre Löhne, umso geringer auch die Löhne weltweit. Und umso besser für diejenigen, die etwas besitzen. Denn so müssen sie keine Angst haben, dass die Inflation kommt.

Für das erneute Aufkommen von Inflationen, wie wir sie früher gehabt haben, sehe ich derzeit nur drei Möglichkeiten. Erstens wir ändern unser Wirtschaftssystem, zweitens wir schotten unsere Märkte ab und drittens die Menschen verlieren komplett das Vertrauen in sämtliche staatliche Institutionen.

Die ersten beiden Punkt sind komplett unrealistisch, ja geradezu unmöglich. Und beim dritten wäre sowieso alles zu Ende. Also: Machen wir daher einfach weiter, vergessen wir die ganzen großen Erklärungen und schauen wir einfach auf die Wirtschaft.

Schauen wir dorthin, denn dann sehen wir alles, was wir sehen müssen.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro

Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de

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Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.

»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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