Von Bernd Niquet
Es ist tatsächlich so, dass ich lange nicht von etwas so sehr beeindruckt gewesen bin wie von den Ausführungen von Markus Krall zur aktuellen Lage an den Finanzmärkten.
Denn da kommen Dinge zum Vorschein, die mir vorher nicht klar gewesen sind. Und Krall gilt ja wohl als einer der Bankeninsider überhaupt und hat federführend an der Entwicklung der Risikoanalyse-Systeme eines Großteils der europäischen Banken mitgewirkt.
„Natürlich wird es knallen“, sagt Krall jetzt und erwartet eine Bankenkrise beziehungsweise eine deutliche Ausweitung der bereits jetzt existierenden Bankenkrise. Und der Grund liegt in der vorangegangenen Nullzinsphase.
Dass die Anleihen durch die Zinserhöhungen in Europa und den USA deutliche Kursverluste erlitten haben, kann ich ja in meinem eigenen Depot sehen. Mir macht das jedoch bis auf eine ganz langlaufende Staatsanleihe nichts aus, weil ich diese Papiere nicht verkaufen werde. Und am Ende stehen sie dann wieder bei 100, was auch Krall nicht in Frage stellt.
Die Frage ist nur, was ist in der Zwischenzeit? Würden die internationalen Banken ihren Anleihebestand nach dem deutschen Niederstwertprinzip bewerten und die Kursverluste abschreiben, wäre das gesamte Eigenkapital der Banken verloren, sagt Krall.
Im internationalen Bereich gilt dieses Prinzip jedoch wohl nicht, es bleibt daher also noch offen, was mit den 18 bis 20 Billionen Euro oder Dollar passiert, auf die Krall die aktuellen Verluste schätzt.
Ein gravierendes Problem wird daraus in zwei Fällen: Erstens, wenn eine Bank aus irgendeinem Grund viel Geld braucht und die Anleihen verkaufen muss, denn dann realisieren sich die Verluste. Oder wenn die Anleger herausbekommen, bei welchen Banken große Verlustpositionen existieren.
Den Banken wird dann jedoch im Endeffekt nichts passieren, meint Krall, denn jede Bank werde heute gerettet werden. Jede! Weil jede zusammenbrechende Bank andere mit sich ziehen würde.
Die EZB und die Fed stehen damit derzeit vor einem Drahtseilakt. Denn einerseits müssen sie die Zinsen noch hoch halten, um dem Markt zu signalisieren, auch weiterhin die Inflation zu bekämpfen.
Auf der anderen Seite müssen sie jedoch Gewehr bei Fuß stehen, um mit der anderen Hand das genaue Gegenteil dessen zu tun, was sie öffentlich vorgeben, nämlich das Bankensystem im Fall des Auftretens einer Schieflage – oder bereits davor, wenn sie es denn mitbekommen – mit Liquidität zu fluten.
Bis hierher gehe ich mit, ich sehe die Kalamität, die hier besteht, zu der sich neben den Anleiheverlusten ja auch noch die Zombie-Unternehmen gesellen, die ohne die Nullzinspolitik bereits längst Pleite wären.
Die Situation ist also extrem fragil und die Gefahr, dass plötzlich etwas passiert, enorm groß. Und es liegt alles daran, dass man von der Nullzinspolitik eben nicht so ohne Weiteres wieder wegkommt. (Deswegen hatte ich ja auch gewettet, dass das mit den Zinserhöhungen nicht passiert, allerdings aus einem anderen Grund.)
Jetzt jedoch kommt der Punkt, an dem ich Markus Krall nicht mehr folge. Denn Krall sieht durch die anstehenden Rettungsprogramme der Notenbanken mit den damit einhergehenden Geldmengenexplosionen die Inflation ebenfalls explodieren – und zwar bis auf Raten von 30 Prozent.
Und das halte ich theoretisch wie empirisch schlicht für Unsinn. Es ist mittlerweile zum Common sense geworden, die Geldmenge stets wie einen Knetball zu betrachten, den man immer genau dort und in der Weise, wie es gerade erforderlich ist, hineinstopft.
Mal macht die Geldmenge nichts, ein anderes Mal ist sie jedoch der große Schlawiner. Mit Theoriebildung hat das jedoch nichts zu tun.
Es erinnert dann auch eher an die griechische Mythologie oder an unsere Klimakinder, die ihre Schreckensgrafiken immer genau so aufbereiten, dass sie sehr klar die eine Seite der Sache zeigen, die andere jedoch verschweigen.
Oder eben an eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, halb schönäugiges Mädchen, halb grausige Schlange, manchmal friedlich und dann wieder ein Monster gebärdend.
Damit kann man dann natürlich treffend die Menschen schrecken, einen Erkenntnisgewinn erzielt man so aber nicht.
Und weit schlimmer sogar, oft wird damit nämlich ein ansonsten wunderbar aufgebautes zutreffendes Gebilde mit dem Allerwertesten wieder umgeworfen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. ACHTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2022, 632 Seiten, 23,50 Euro
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Kann man eigentlich durch einen Wohnungsumzug jünger werden? Vielleicht. Und gibt es so etwas wie einen Sinn des eigenen Lebens? Oder Dinge, die die Seele noch vor dem Tod zu erledigen hat? Schon schwieriger. Dabei hatte Goethe doch bereits den Chor der Engel singen lassen, dass derjenige, der sich immer strebend bemüht, erlöst werden kann. Die wichtigste Frage im Leben lautet dann aber wohl doch, was denn nun erfolgreicher weiterhilft, die eigene Intuition oder wissenschaftliche Erkenntnisse?
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die vorangegangenen sieben Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020 und 2021.
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