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Überschätzte Politik

Donnerstag, 28. Dezember 2023 um 20:57

Von Thomas Grüner
Inmitten von Jahresrückblicken und Wirtschaftsanalysen finden sich viele interessante Diskussionen über die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft. Sowohl die US- als auch die globale Wirtschaft haben sich in diesem Jahr deutlich besser entwickelt, als es viele Prognosen vermuten ließen. Während dabei viele lobende Worte für die Fed und das Weiße Haus fallen, stellt sich die Frage: Ist diese positive Entwicklung wirklich das Ergebnis gezielter politischer Entscheidungen? Es scheint, dass in der heutigen schnelllebigen Medienlandschaft oft zu schnell auf politische Maßnahmen geachtet wird, ohne die vielfältigen Faktoren zu berücksichtigen, die die Wirtschaft beeinflussen.

Komplexe Wirtschaft

Einige Analysten neigen dazu, die politischen Entscheidungen in den Vordergrund zu stellen und ihnen den Hauptanteil am wirtschaftlichen Aufschwung zuzuschreiben. Die Wirtschaft gestaltet sich in der Realität aber weitaus komplexer und die tatsächlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen können oft geringer sein als angenommen, da andere Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es einfacher ist, eine Wirtschaft abzuwürgen als sie wieder anzukurbeln. Verschiedene Länder sind zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichem Tempo aus dem COVID-Lockdown gekommen, was zu Nachfrage- und Angebotsschwankungen geführt hat. Selbst innerhalb der USA wurden einige Bundesstaaten und Branchen früher geöffnet als andere, was zu Ungleichgewichten führte. Gleichzeitig mussten sich die globalen Energiemärkte aufgrund von Russlands Einmarsch in der Ukraine und den daraus resultierenden Sanktionen neu ausrichten.

Die wahren Entscheidungsträger

Ein Großteil der Entscheidungen zur Wiedereröffnung wurde jedoch unternehmensspezifisch getroffen und nicht von den Regierungen vorgegeben. Letztendlich reagieren Unternehmen auf die vorherrschenden Bedingungen und Anreize. Die Regierungen können diese Anreize beeinflussen, aber das ist auch schon alles. Geänderte Steuersätze sind ein Faktor, bestimmen aber nicht den langfristigen Ertrag einer neuen Investition. Subventionen werden ein Projekt nicht plötzlich lohnenswert machen, wenn die Rendite minimal ist. Berechnungen wie diese, die jeden Tag angestellt werden, bestimmen das Auf und Ab der Wirtschaft. Führungskräfte stellen ein, wenn das Geschäft gut läuft und sie mehr Personal brauchen, und nicht, weil die Fed dies oder jenes mit den Zinssätzen gemacht hat. Man fährt in den Urlaub, wenn man Lust und finanziellen Spielraum dazu hat, und nicht, weil die Regierung eine große Reiseoffensive gestartet hat. Und auch hat Präsident Biden Taylor Swift nicht befohlen, auf Tournee zu gehen. Die Fed hat auch keine Konzertkarten gedruckt. Das alles geschah einfach im Rahmen der Geschäftsentscheidungen des privaten Sektors.

Fazit: Während politische Maßnahmen zweifellos Auswirkungen haben können, sollten sie nicht als alleinige Triebfedern für wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg betrachtet werden. Unabhängig davon, wer von politischer Seite die Hand am Ruder der Wirtschaft hat und ob diese Hand fest oder wackelig ist – die stärkste Hand ist die des Marktes – oft unsichtbar. Eine schlechte Politik kann durchaus Unsicherheit hervorrufen, die die Risikobereitschaft verringert. Aber das bedeutet nicht, dass die Politik immer ein Katalysator für alles ist, was passiert. Die meiste Zeit ist sie einfach nur da, läuft im Hintergrund, während Privatleute und Unternehmen Entscheidungen treffen, die die Wirtschaft letztlich beeinflussen.

Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.

Thomas Grüner
ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.


Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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