Von Thomas Grüner
Nachdem der August mit einem heftigen Abwärtstrend begonnen hatte, erholte sich der Markt deutlich von der Talfahrt im Hochsommer. Der marktbreite US-Aktienindex S&P 500 beendete den Monat mit einem Plus von 2,4 Prozent und war nur einen Hauch von seinem Höchststand vom 16. Juli entfernt. Einige befürchten jedoch, dass der wirkliche Schmerz erst noch bevorsteht, da wir nun in den September eintreten – historisch gesehen der „schlechteste“ Monat für die Aktienmärkte. Denn in der langen Kurshistorie des S&P 500 besitzt der September die zweifelhafte Ehre, der einzige Monat zu sein, dessen durchschnittliche Gesamtrendite negativ ist (minus 0,8 Prozent). Die letzte positive Wertentwicklung gelang im Jahr 2019 – was läuft im Monat September bloß schief?
Unglücksrabe namens September
Keine Sorge – mit dem September ist grundsätzlich alles in Ordnung. Er hat eben nur das Pech, dass einige große Ausreißer den monatlichen Durchschnitt nach unten ziehen. Wie beispielsweise der September 1931, der schlechteste Monat in der gesamten Historie des S&P 500. Nicht viel besser lief es im September 2008, als Lehman Brothers in der Pleite landete. Weltwirtschaftskrisen orientieren sich nicht am Kalender, weshalb diese Ereignisse als „unglückliches Timing“ einzustufen sind, nicht als saisonale Schwäche.
Die eigentliche Schwäche des Septembers besteht auch eher darin, dass er nicht so viele positive Renditen wie die anderen Monate aufweist, um die schlechten Zeiten auszugleichen. Seit 1926 übertraf der September nur acht Mal die Marke von 5 Prozent, der zweitschlechteste Monat (Mai) hat dies bereits zwölf Mal geschafft. Alles nur Zahlenspielereien – für Anleger ist unter dem Strich entscheidend, dass die zeitliche Betrachtung eines einzelnen Monats nicht sehr relevant ist. Darüber hinaus lässt sich nicht von einem strukturellen Nachteil im September sprechen. Pech oder unglücklicher Zufall trifft es eher.
Wie läuft es im Jahr 2024?
Einige Marktbeobachter sind der Meinung, dass die Unsicherheit im Zusammenhang mit der US-Wahl den September nachhaltig belasten könnten, was einen schlechten Börsenmonat noch wahrscheinlicher machen würde. Tatsächlich war der September aber in US-Wahljahren in 62,5 Prozent der Fälle positiv – in 15 der 24 Fälle seit 1928. Das ist doch schon mal was! Aber zurück zum eigentlichen Punkt: Der September ist nur ein Monat. Es wäre zu kurzsichtig, die eigene Anlagestrategie auf die Erfolgsaussichten in einem derart kurzen Zeitraum auszulegen. Der September mag historisch betrachtet der schlechteste Börsenmonat sein, die langfristige jährliche Durchschnittsrendite der Aktienmärkte beträgt trotzdem rund 10 Prozent.
Wenn Sie versuchen, im Hinblick auf die Möglichkeit eines schlechten Septembers zu investieren, könnten Sie ebenso gut einen „guten“ oder „sehr guten“ September verpassen, der maßgeblich zu einer guten Jahresrendite beiträgt. Ganz zu schweigen von der Schwierigkeit, dass Sie bei einem Ausstieg ja auch wieder ein gutes Timing treffen müssten, um wieder in die Märkte einzusteigen. In einem intakten Bullenmarkt sind diese Timing-Versuche ein gefährliches Spiel.
Fazit: Ignorieren Sie den Kalender, so gut es geht. Konzentrieren Sie sich auf Ihre langfristigen Anlageziele und auf den Weg, der Sie mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zu diesen Zielen führt. Wenn dieser Weg ein Aktienengagement beinhaltet, dann sollten Sie auch nicht von dieser Marschroute abweichen, nur weil der September im Kalender erscheint.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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