Von Bernd Niquet
Die gegenwärtige Situation ist schwer einzuschätzen, doch ich nutze die momentane Ruhe, um mit aller Kraft Wissen anzuhäufen, das vielleicht in nächster Zeit bald verboten sein wird.
Und was dann verboten ist, wird auch nicht mehr auffindbar sein.
Schon vor längerer Zeit habe ich mich ausführlich mit dem DSA, dem Digital Services Act beschäftigt, in dem der neue Begriff des „digitalen Notstandes“ auftaucht.
In diesem Fall würde der „Krisenreaktionsmechanismus“ in Kraft treten – und eine Krise ist für die EU jede ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit, also im Prinzip alles, was die EU als Bedrohung empfindet.
In so einer Krise würden dann laut DSA nicht nur einzelne Kommentare gelöscht und einzelne Nutzer gesperrt, sondern auch ganze Plattformen geschlossen werden.
Doch so weit muss es gar nicht kommen, denn bei uns im Lande der Diktaturen reichen ja bereits die neuen Kunstbegriffe wie „Hass & Hetze“ und „Delegitimierung des Staates“ aus, um von einem Tag auf den anderen den Zugang zu Informationen, die der Regierung nicht passen, komplett dicht zu machen.
Vom Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) beim Kampf gegen unliebsame Einträge habe ich bereits eine Menge gelesen, oh je, ojemine. Hier geht es natürlich nicht um Intelligenz, sondern um das sekundenschnelle Aufspüren von allem, was den Regierenden nicht passt.
Dirk Müller hat kürzlich von zunehmenden Versuchen berichtet, kritische Medienseiten mithilfe von KI aufzuspüren und vom Netz zu nehmen.
Und er sagt: „Ich weiß nicht, wie lange es uns als kritische Plattformen überhaupt in den nächsten Jahren oder vielleicht sogar Monaten noch geben wird. Inwiefern wir da gegenhalten können oder uns überhaupt noch äußern können. Viele werden schon jetzt zurückrudern und vieles gar nicht mehr so sagen, wie sie es sonst sagen würden.“
Ein großes Thema ist hier vor allem die Rückwärtszensur, das heißt der Zwang zum Löschen bestehender Artikel, dem derzeit immer mehr Vorschub geleistet werden würde.
Müller dazu weiter: „Da wird dann für jeden Artikel, den sie untersuchen und der nicht gelöscht wird, eine Verwaltungsgebühr der Landesmedienanstalt von 800 Euro erhoben. Da kann man sich bei ein paar tausend Artikeln ausrechnen, was da zusammenkäme.“
Jetzt verstehe ich natürlich auch, warum viele der wirklichen harten Kritiker, also die echte Résistance, heute ihre Server allesamt ins Ausland verlagert.
Eine andere und wohl parallel dazu laufende Entwicklung ist, dass die Bundesnetzagentur gerade den ersten Trusted Flagger gemäß dem Digital Services Act zugelassen. Das ist eine Meldestelle für das Petzen unliebsamer Posts, also gleichsam die Installation von staatlich geprüften Denunzianten.
Und die Plattformen im Netz sind verpflichtet, auf Meldungen dieser Trusted Flagger zu reagieren und die betreffenden Inhalte sofort zu löschen. Ohne ein Gericht, ohne dass die Inhalte strafbar sind, einfach nur deshalb, weil diese neue Institution, die sich sicher wie die Pilze vermehren wird, das vorgibt.
Es lebe also die Demokratie und „unser“ Rechtsstaat! Damit auch die dritte Diktatur in Deutschland binnen hundert Jahren in Hinsicht auf das Verbot von unliebsamen Meinungsäußerungen ein voller Erfolg wird!
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. NEUNTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro
Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de
oder bei Amazon
Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt.
Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt.
Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein. Doch genau das traf ja zu. Wo war ich hier nur hineingeraten?
Dem stand allerdings auf der Habenseite entgegen, dass ich höchstwahrscheinlich der einzige Mensch in unserem Land bin, dessen Leben durch die Corona-Pandemie nicht negativ tangiert wurde.
Und wenn diese Leute hier mich dann auch noch gut finden würden, dann hätte ich wirklich etwas falsch gemacht in meinem Leben.
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.