Von Bernd Niquet
Jetzt erinnere ich mich plötzlich doch wieder an Dinge aus meiner Schulzeit, nämlich dass der einzige Weg, innerhalb der Wahlperiode eine Regierung zu stürzen, das konstruktive Misstrauensvotum sei.
Von Neuwahlen hat man uns damals nichts erzählt. Aber das war auch in den 1970er Jahren, in denen die Bundesrepublik noch eine makellose Demokratie gewesen ist, der Bundestag noch etwas zählte und die Prinzipien der jungen Demokratie akribisch gewahrt wurden.
Die Möglichkeit der Auflösung des Parlaments durch eine Trickserei wie heute lag damals sicherlich außerhalb des Denkbaren. Obwohl diese Möglichkeit sicher schon bestanden hat. Aber damals hatten die Parlamentarier noch Anstand.
Ich halte das auch für eine illegitime Lösung, dass eine Regierung im Prinzip durch einen fingierten Abstimmungsverlust einen für sie idealen Zeitpunkt für eine Neuwahl und damit eine Verlängerung ihrer Regentschaft selbst festlegen kann.
Was hier zwar beides nicht zutrifft, aber trotzdem.
Doch ein konstruktives Misstrauensvotum, wie es damals Rainer Barzel 1972 gegen Willy Brandt versucht hat, traut sich ein Friedrich Merz heute natürlich nicht. Denn dann würde er ja mit den Stimmen der AfD gewählt werden, und da betrügt er lieber sein Volk als dessen demokratisches Votum zu akzeptieren.
Der nächste Kanzler der Bundesrepublik wird also kein Demokrat sein. Aber die Deutschen sind ja dumm genug, um die Partei der Erfindung der Energiewende und der ungeregelten Migration en masse zu wählen. Für mich drängt das deutsche Volk heute genauso zu Merz wie es 1933 zu Hitler gedrängt hat.
Und ich vermute und stelle mir vor, Hitler und Goebbels haben damals genau solche Ränkespiele mit von Papens und von Schleichers Minderheitsregierungen gemacht wie heute Merz mit der rotgrünen Minderheitsregierung.
Damals gab es allerdings mit Paul von Hindenburg noch einen starken Präsidenten, der dann allerdings auch irgendwann kapitulieren musste. Der heutige Bundespräsident lässt allerdings bereits im Voraus die Hose herunter und holt den Besenstil selbst aus dem Keller.
Denn der Präsident muss das Parlament ja nicht auflösen. Dass er jedoch im Vorhinein zu verstehen gibt, Neuwahlen zuzustimmen, weil zwei Parteien sich darauf geeinigt haben, das hat mit der Verfassung nichts mehr zu tun.
So sieht es aus. Passend dazu habe ich gerade ein wundervolles Gleichnis anhand der Ereignisse in einem Berliner Mietshauses gefunden.
Dieses Haus ist wie die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen Häusern noch nicht besonders alt, aber schon alt genug, um Verwesungsgeruch zu zeigen.
Eine Bewohnerfamilie hatte dort eines Tages im Kinderzimmer einen ekelhaften Geruch wahrgenommen. Als sie alles auf den Kopf gestellt und sogar die Teppichleisten abgenommen haben, war klar, dass der Gestank aus der Wand drang.
Es kamen dann Handwerker und sogar die Polizei, die deshalb in der Wohnung nach Leichen suchte, weil der Gestank ein klarer Verwesungsgeruch war. Doch die wirkliche Ursache fand man erst spät.
In der Außenwand befindet sich nämlich eine tote Ratte. Die jedoch nicht entfernt werden kann. Zur Isolation des Hauses wurde nämlich damals Styropor benutzt, der jedoch am Sockel bröselte und sich dort Ratten hineingefressen haben und nach oben geklettert waren.
Bis eine von ihnen dort verstarb. Und niemand besitzt die Möglichkeit, dort heranzukommen. Der Familie bleibt daher im Grunde nur das Auswandern. Wie 1933. Damals wurde übrigens im März gewählt. Vielleicht wollte Scholz auch deshalb diesen Termin?
Einen wichtigen Unterschied gibt es jedoch 2025 zu 1933. Denn damals wussten die Wähler nichts von einem vom zukünftigen Kanzler geplanten Krieg gegen Russland. Heute hingegen schon.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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In den vergangenen Jahren bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Wissenschaft ganz generell keinen Zugang zu den menschlichen Empfindungen besitzt. Sie kann sich zwar ihrer medizinischen Messmethoden bedienen, doch was ist, wenn gerade unsere wichtigsten Gefühle sich außerhalb dieses Spektrums befinden? Ich schiebe deswegen jedoch keinen Frust, ich fühle mich im Gegenteil sogar bestärkt darin, dass ich hier die entscheidende Rolle für mich selbst übernehmen muss.
Weniger angenehm ist es hingegen mit dem Rechtsanwalt, von dem ich mir eine Klageschrift eingefangen habe, in der steht: „Die Klage wird auf jeden erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt.“ Da überlege ich mir nämlich, wenn bei einem Streit die eine Seite alle erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkte für sich reklamiert, bleibt ja für die Gegenseite kein einziger rechtlicher Gesichtspunkt mehr übrig. Und als die Richterin dann auch noch genau in diesem Sinne urteilt, ist es bei mir nach dem unbedingten Glauben an die Wissenschaft auch mit dem Vertrauen in den Rechtsstaat vorbei.
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die vorangegangenen neun Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021, 2022 und 2023.
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